Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

4148 Die staatswissenschaftliche Theorie der Griechen 
reine Philosophie damals wenigstens einen viel geringeren Antheil 
an den publicistischen Ideen. Das mag wohl eben der Grund 
sein, weshalb vor Aristoteles und Platon kaum ein vollständiges, 
abstractes System der Politik zu Tage gefördert ist. Wir müssen 
daher wahrscheinlich an vielen Punkten, wo Aristoteles nicht 
genau genug in seinen Anführungen ist, nur Bruchstücke oder 
einzelne Abhandlungen voraussetzen. 
Ganz anders freilich verhält es sich mit Platon und Aristoteles 
selbst. Diese lebten beide in einer Zeit, wo jener gesellschaftliche 
Kampf ziemlich ausgetobt hatte, und wo die Philosophie, auf den 
Trümmern des alten Griechenlands stehend, die Dinge in ihreın wahren 
Werthe erwägen konnie, wenig gestörl von den Kämpfen der 
Parteien. Allein darum standen auch diese Philosophen nicht 
weniger unter dem Einfluss des alten Gegensatzes, wenn sie 
auch nicht mehr die Absicht hatten oder vernünftiger Weise auf 
die Aussicht rechnen konnten, noch einen Einfluss auf den Gang 
der Dinge zu gewinnen. Namentlich die ganze sokratische 
Philosophie in Beziehung auf den Staat erscheint in einem ganz 
anderen Lichte, wenn man den obigen Standpunkt, oder vielmehr 
wenn man die wirklichen Zustände des atheniensischen Lebens 
zum Grunde legt. Wir wollen zum Schlusse versuchen, mit 
einigen Bemerkungen diese Sache bestimmter darzulegen. Zu- 
nächst soll es unsere Aufgabe sein, die Vorläufer des Aristoteles 
so weit wir es vermögen, darzustellen. 
Die Hauptquelle dafür ist, und wird wohl dauernd bleiben 
das zweite Buch der Aristotelischen Politik. In den übrigen 
Büchern führt Aristoteles nur ganz gelegentlich einzelne Schrift- 
steller an, und in den meisten Fällen bleibt es unentschieden, 
ob er nicht dieselben Personen meint, deren er im zweiten Buche 
Erwähnung gethan. Denn sehr häufig bedient er sich der all- 
gemeinen Bezeichnung &.os oder zig, oder ähnlicher. Bei dieser 
Ungenauigkeit schien uns nun nur Eins übrig zu bleiben. Wir 
werden nicht die Schriftsteller oder Publicisten — denn meistens 
erfahren wir gar nicht einmal, ob überall eine bestimmte Literatur 
oder nur eine bestimmt ausgesprochene wörtliche Meinung zum 
Grunde lag — für sich behandeln können, sondern sie vielmehr 
nach den Hauptgebieten und Fragen der Staatswissenschaft selbst
	        
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