Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vor Aristoteles und Platon. 151 
schaftsordnung, ausgedrückt und, zum Theil begründet durch 
die Gemeinschaft der Güter und der Weiber, Platon angehöre, 
während die Unterscheidung der drei Grundformen der Verfas- 
sungen in Monarchie, Aristokratie und Demokratie von Aristo- 
teles zuerst aufgestelll oder doch ihrem inneren Wesen nach 
begründet sei. 
Dem ist nicht so, und fügen wir es gleich hinzu, dem konnte 
nicht so sein. 
Wir haben eben, wenn wir die bisherige Darstellung in 
ihren beiden Hauptpunkten zusammen fassen wollen, zweierlei 
gesehen. Erstlich, dass der Handel und Verkehr die ursprüng- 
lichen Besitzverhältnisse durch das Eintreten und namentlich durch 
den Sieg des gewerblichen Capitals über den reinen Grundbesitz 
im Wesentlichen umgestaltet halle. Zweitens, dass dadurch ein 
Gegensatz der besitzenden und nichtbesitzenden Classe entstanden 
war, der ganz Griechenland umfasste, und der zu den blutigsten 
innern Kämpfen führte. Diese beiden allgemeinen Thatsachen 
halten in Athen während des peloponnesischen Krieges ihren Haupt- 
ausdruck gefunden. Es war keine Frage mehr, dass die Ver- 
fassungen der Staaten Einer grossen Gewalt unterworfen waren, 
und diese Gewalt war die des Besitzes. Es war nicht möglich, 
sich dieser ersten praktischen Thalsache zu entziehen; es war 
nicht möglich, in Griechenland über Verfassungen zu reden, ohne 
von dem Besitz zu sprechen, und die Vertheilung des Grundbe- 
sitzes zur Grundlage der Verfassung zu machen. Dazu kam, dass 
ohnehin schon in den verschiedenen Staaten die verschiedensten 
Formen des Besilzes und seiner Vertheilung vorlagen; in Sparta 
die Gemeinschaft des Grundbesitzes, und so auch in Kreta, in 
beiden freilich nur für die herrschende Classe; in Athen die 
Herrschaft des gewerblichen Erwerbs und die Zertrümmerung des 
Grundbesitzes; in Korinth, ohne Grundbesitz, die Herrschaft des 
grossen Capitals; in Theben die Dynastenherrschaft, unserm 
Adel am ähnlichsten; in Argos grosse Grundbesitzer und kleine 
neben einander; in Arkadien die Herrschaft der freien Hufe. 
Man hatte ferner gesehen, welche Macht das Geld auszuüben im 
Stande sei; wie das Verderbniss eben durch das Geld in die 
Gesellschaftsordnung, durch die Gesellschaftsordnung in die Staats-
	        
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