172 Die staatswissenschaftliche Theorie der Griechen
zum Theil auch durch Regierungsmaassregeln stark in die Be-
völkerungsverhältnisse hineingegriffen. Es scheint der Grund-
gedanke in aller Theorie des Staatslebens gewesen zu sein, dass
man die Bevölkerung eines Staals auf ein möglichst bestimmtes
Maass zurückzuführen habe; und der Grund dieser Ansicht mag
in der Erfahrung gelegen haben, dass mit der Masse der Be-
völkerung nicht die der Bürger oder der Freien und zugleich
Besitzenden, sondern vielmehr die der niedern Classe am stärksten
zuzunehmen pflegte. Eine eigene Bevölkerungslehre aber gab
es bei den Griechen nicht, und selbst Aristoteles macht darüber
nur einige nichtssagende Redensarten.
Wir kommen jetzt zu dem letzten Punkt, den wir hier
genauer zu erörtern haben, nämlich zu der Gestalt der Volks-
wirthschaftslehre bei den Griechen, mit besonderer Be-
ziehung auf die voraristolelische Literatur. Und auch hier sind
wir in der Lage, nur wenige Andeulungen zu besitzen, die je-
doch, mit dem ganzen Zustande des volkswirthschafllichen und
gesellschaftlichen Lebens zusammengehallen, uns, wenn auch
nicht gerade über Namen und Schriften, so doch über den Geist
der volkswirthschafllichen Literatur ein annäherndes Urtheil
fällen lassen.
Durch die treffliche Arbeit Rau’s !) sind wir nun allerdings
eines wesentlichen Theiles dieser Untersuchung überhoben, und
es ist uns verstaltel, einige Sätze aufzustellen, die als aus-
gemacht angeschen werden können. Es ist kein Zweifel, dass
die Griechen gerade wie später die Römer in Allem, was den
wirthschafllichen Erwerb betrifft, strenge schieden zwischen
dem Landbau oder der Landwirthschaft, die sie die eigentliche
olxovowux nannten, und zwischen der yonuarıorızn). Es ist
ferner gewiss, dass man auch beim Aristoteles keine bestimmte
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sein. Aristoteles giebt an, er „habe gemeint (.797), dass die Familien
fortwährend gleichbleiben müssten, sowie auch die Menge der Bürger, wenn
auch alle an Grösse ungleiche Vermögensloose hätten.“ Wenn Hermann
Gr. Alterth. 6.33. 4 fragt, warum der Schol. zu Pind. Olyınp XIII, 20. ihn (gegen
Strabo) einen Korinthier nennt, so kommt das daher, weil er wahrscheinlich
wirklich ein Korintbier war, da Aristoteles ihn als Kootv$ıos bezeichnet.
1) Rau Ansichten der Volkswirthschaft I. Xenophon und Aristoteles.