württembergische Agrarverhältnisse. 197
rische Gesetzentwurf über die Errichtung bäuerlicher Erbgüter
die Bestimmung, dass, wenn mehrere Descendenten eines Erb-
gutseigenthümers vorhanden sind, der Gutsübernehmer allen übrigen
Descendenten zusammen nicht mehr als den zehnten Theil des
reinen Erbgutswerthes soll hinauszahlen dürfen. So sehr war
man auch. dort der Ueberzeugung, dass sich zum Behuf der
Erhaltung eines Landgutes die gemeinrechtliche Pflichttheilsbe-
rechtigung aller Erben mit Ausnahme des Gutsübernehmers nicht
aufrecht erhalten lasse.
Man begreift, wenn man diese Beschränkungen der Freiheit
durch ein Testament über sein Eigenthum zu verfügen ins Auge
fasst, warum die Bauern, welche überhaupt ihr Gut geschlossen
vererben wollen, so wenig Gebrauch von diesem Rechte machen,
es so selten auf ein Testament und auf Inventarisirung und
Taxation der Erbmasse behufs ihrer Vertheilung nach Inhalt des
Testaments ankommen lassen. Zum Glück bietet sich ihnen noch
ein andrer Weg dar, den Zweck der Erhaltung des Guts in
unvertheiltem Zustand zu erreichen. Sie übergeben nämlich oft
schon in jungen Jahren den Hof an eines der Kinder zu einem
bestimmten meist sehr niedrigen Preis, bedingen sich für ihre
Lebenszeit ein Leibgeding aus und setzen ebenso die Ab-
findung fest, welche der Gutsübernehmer an seine Geschwister
zahlen soll. Der Gutsübernehmer ist dabei häufig der älteste
Sohn, oft auch der jüngste Sohn, beziehungsweise, wenn dieser
das Gut nicht übernehmen will oder kann, die älteste Tochter,
oder endlich es wird ohne Rücksicht auf einen bestimmten Vor-
rang eines Kindes das: Gut demjenigen übergeben, der es am
iheuersten übernehmen kann "). Im letzten Fall bestimmt sich
der Preis natürlich nach den zufälligen Vermögensverhältnissen
1) Majorate sind noch bei den Hall’schen Bauern, im Amt Welzheim, im
Oberland. — Im Schwarzwald erbt zunächst der jüngste Sohn, dann die
älteste Tochter, dann der zweitjüngste Sohn und die zweitälteste Tochter;
vergl. Vogelmann im Archiv. für polit. Oekonomie von Rau 1834 $. 1 und
Gegel, Beleuchtung einer Regierungsperiode u. s. w. 1789 S. 168. — Guts-
übergaben an das Kind, das am meisten bezahlen kann, finden häufig auf der
Alb statt z. B. bei den ehemals ulmischen Bauern; vergl. die Beschreibung des
Oberamts Geisslingen herausgegeben vom topographischen Büreau $. 47; ebenso
im Amt Gerabronn,