würtembergische Agrarverhältnisse, 229
des Neckar- und noch mehr ‚des Schwarzwaldkreises gar nicht
zu bezweifeln, obschon es sich nicht mit Zahlen beweisen lässt,
weil wir die Zahl der Grundbesitzer nicht kennen. Nun ist
freilich auch der landwirthschaftliche Besitz gewachsen, zwar
nicht extensiv, — denn die Ausdehnung, welche das Bauland auf
Kosten des Waldes und durch Kultivirung öder Flächen gewonnen
hat, ist in jenen beiden, schon lange stark bevölkerten Kreisen
gar nicht der Rede werth, — wohl aber intensiv durch bessere
Bewirthschaftung, welche es möglich macht, aus dem gleichen
Areal ein weit stärkeres Rohprodukt zu ziehen, als vor einigen
Jahrzehenten. Erwägt man jedoch, dass der eine Faktor der
landwirthschaftlichen Rohproduktion, welcher durch die Düngung
gegeben wird, jedenfalls nicht proportionell der Bevölkerung
gewachsen ist, dass also der andere Faktor, die intelligente Arbeit,
um das Rohprodukt im Verhältniss zur Bevölkerung zu steigern,
nicht nur den ihn selbst treffenden Theil der erforderlichen Zunahme
hätte ausrichten, sondern noch dazu das hätte einbringen müssen,
was am ersten Faklor zurückblieb, so wird man nicht zweifeln
können, dass der durchschnittliche Besitz hier wirklich selbst
mit Berücksichtigung der intensiver gewordenen Kultur kleiner
geworden ist. Andererseits aber ist in den beiden andern
Kreisen die Kultur auch gestiegen und, insofern man hier mehr
zurück war, wohl in noch höherem Grade als dort. Denn die
Leute hier haben an Einsicht und Eifer für landwirthschaftliche
Verbesserungen ohne Zweifel Fortschritte gemacht; ihr Fleiss
hat, wenn er auch den unserer Unterländer Bauern und nament-
lich der unermüdlich thätigen Weingärtner nicht erreicht, sich
doch sicherlich nicht gemindert; die künstliche Bereicherung des
Bodens durch Düngung ist nach dem Zeugniss der Viehstands-
register stärker gewachsen als die Volkszahl. Hier ist demnach
gewiss keine Verkleinerung des Grundbesilzes, sondern im
Gegentheil eher eine verhältnissmässige Vergrösserung desselben
anzunehmen, wenn man nämlich die Steigerung ins Auge fasst,
welche durch die intensiver gewordene Kultur hervorgebracht
wurde. Und nun steht die Sache so. In den beiden Kreisen
mit vorherrschendem bäuerlichem Kleinbesitz und dem System der
Theilbarkeit ist die Zunahme der Bevölkerung stärker gewesen