Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

württembergische Agrarverhältnisse. 239 
berg durch den dreissigjährigen Krieg im buchstäblichen Sinn 
entvölkert. Von den 66,658 Familien mit gegen 400,000 Seelen, 
welche beim Beginn des Kriegs im damaligen Herzogihum lebten, 
war noch sechs Jahre nach dem Frieden, wo die Geflüchteten 
schon zurückgekehrt waren, nur ein Viertheil vorhanden, und 
ganze Strecken Landes waren verödel. \Vie es aber immer 
geht, wenn eine Bevölkerung, die schon einen höhern Grad von 
Kultur besitzt, ein wenig bebautes Land inne hat oder neu be- 
setzt, so nahm auch schon in den ersten Jahrzehnten nach dem 
Frieden die Seelenzahl sehr rasch zy, und zugleich mit ihr der 
Reichthum des Volkes trotz der vielen Lasten, welche die fran- 
zösischen Kriege am Ende des siebzehnten Jahrhunderts und 
dann der spanische Erbfolgekrieg dem Lande auferlegten. Nun 
kamen aber im achtzehnten Jahrhundert noch dazu ganz neue 
Erwerbszweige und damit Nahrungsquellen auf, der Kartoffelbau 
seit 1710, der Kleebau; der Obstbau gewann an Ausdehnung. 
Damit erweiterten sich natürlich die Grenzen der Ernährungs- 
möglichkeit und die Bevölkerung war deswegen auch bei starker 
Zunahme keineswegs in Gefahr diese Grenzen so schnell zu 
erreichen oder gar zu überholen. Von der Möglichkeit einer 
Uebervölkerung war dabei so wenig die Rede, dass man im 
Gegentheil auf die grosse und dichte Bevölkerung des kleinen 
Landes als auf einen Stolz desselben hinwies und dass es bei 
uns, wie so häufig in Deutschland, als die beste Regierungs- 
maxime galt, jedes Hinderniss der möglichst schnellen Vermeh- 
rung des Volks hinwegzuräumen. Und in der That stand es 
auch noch in den ersten Dezennien dieses Jahrhunderts gut im 
Lande, wie man deutlich aus der Leichtigkeit erkennt, mit der 
verhältnissmässig die Nothjahre der Revolutions - und napoleo- 
nischen Kriege und selbst die unmittelbar darauf folgende 
Theurung von 1816 und 1817 überstanden wurde. Auch seit 
dieser Zeit hat nun aber der Ackerbau Fortschritte gemacht und, 
Dank der ausgezeichneten Fürsorge und Pflege, welche der 
König persönlich ebenso wie die Staalsregierung und viele 
Privaten dem Landbau und der Viehzucht widmeten, vielleicht 
waren diese Fortschritte in keiner früheren Zeit so bedeutend 
als gerade in den letzten drei Jahrzehnten. Aber ebenso
	        
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