320 Betrachtungen
Der schärfere Sporn neben dem höheren oder mehr zur
Verfügung stehenden Lohn kann hiernach ein grösseres Wohl-
befinden zur Folge haben, wenn der Arbeiter und seine Frau
mit den äusseren Hilfsmitteln, der Geschicklichkeit und den mo-
ralischen Eigenschaften ausgestattet sind, welche Bedingung
für die Benutzung der günstigeren Verhältnisse und
Abwendung der grösseren Gefahren sind. Es dürfen
dem Manne die Geräthschaften und warme Kleidung nicht fehlen,
er muss etwas Land besitzen oder wohlfeil miethen, und etwas
Vieh halten können, damit seine Frau zu häuslichem Erwerbe
Gelegenheit habe und er selbst in sonst müssigen Tagen sich
lohnend beschäftigen könne; es muss endlich hinreichende Ge-
legenheit zu lohnenden Accordarbeiten sich überhaupt in der
Gegend darbieten.
Es ist indess leider nur zu gewiss, dass diese günstigeren
Erwerbs- und Wohlhabenheitsverhältnisse die Ausnahme sind,
weil schon bei Begründung der Wirthschafl die Bedingungen
einigen Kapitals, besonderer Geschicklichkeit, und vor allem die
sittlichen Eigenschaften, als regerer Fleiss, grössere Umsicht,
und Sparsamkeit meistens nicht vorhanden sind, und auch die
Gelegenheit zum Verdienst viel spärlicher und unregelmässiger
sich darbietet, als meistens vorausgesetzt wird.
Nicht ein gerechlfertigtes Vertrauen in die eigene
Kraft, nicht verständiges Erwägen der vorhandenen Aus-
sichten auf Erwerb sind die Grundlage der meisten Nieder-
lassungen von Arbeilsfamilien in den ländlichen Gemeinden,
vielmehr Hang zur Unabhängigkeit, selbst zur Trägheit;
leichtsinnige Ehen ohne alle Mittel; Verlust der Stelle
bei einem Gutsbesilzer wegen Nachlässigkeit, Trotz, Unredlich-
keit, sinkender Kräfte u. s. w., das sind überwiegend die Ur-
sachen, welche neue Ansiedelungen hervorrufen.
Bei der wenigen haltbaren Grundlage einer wohlgeordneten
Wirthschaft in. materieller wie in sittlicher Beziehung
kann der Mangel einer Fürsorge und Aufsicht, die der Gutsherr
über seine Dienstleute übt, natürlich nur um so- mehr zum Ver-
derben der Mehrzahl der freien Arbeiter führen, als ein Ersatz