Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht. 321 
dafür in dem Gemeindeverbande oder in irgend welchen anderen 
Institutionen nach keiner Seite hin geboten wird. 
Die’ unvermeidlichen Folgen dieser Verhältnisse liegen in 
den kürzlich von verschiedenen Seiten geschilderten Zuständen 
der freien Arbeiter für den unbefangenen Beobachter klar vor 
Augen. Die Thatsache des Pauperismus d. h. einer entsitt- 
lichend wirkenden Armuth ist auch in dünn bevölkerten Gegenden 
des preussischen Staates neben einem und ungeachtet eines unver- 
kennbaren Aufschwunges der meisten grössern Güter und vieler 
Bauerwirthschaften nicht zu läugnen !). 
Hier von der ihrem eigenen Gange überlassenen Entwick- 
lung der Dinge Besserung zu erwarten wäre die beklagens- 
wertheste Verblendung. Nicht allein hat die Erfahrung in dieser 
Beziehung bereits hinreichend gesprochen, indem die sonst kaum 
bemerkten Nothslände der Einlieger jelzt Gegenstand allgemeiner 
Aufmerksamkeit geworden sind, sondern es geht aus der Er- 
kenntniss der Ursachen ihrer traurigen Lage unmiltelbar her- 
vor, dass die Noth hier ihr Heilmittel nicht mit sich führt, und 
daher die sich selbst überlassenen Arbeiter allein nicht im Stande 
sein werden, sich aus dem Elende .emporzuarbeiten. 
Wenn die Dürfligkeit meistens Folge siltlicher Schwäche ist, 
z. B. der Unbedachtsamkeit, des Hanges zum sinnlichen Genuss, 
der Scheu vor Zucht und angestrengter Arbeit; wenn die Dürf- 
tigkeit den Mangel an Erwerb und die Steigerung der Bedürf- 
nisse zur unvermeidlichen Folge hat, weil Geräthschaflen, warme 
Kleidung, gute Nahrung dazu gehören, um Aufträge übernehmen 
und ausführen, ein kleiner Vorrath erforderlich ist, um sie in 
einiger Entfernung aufsuchen zu können, und endlich Entbeh- 
rungen Krankheit u. s. w. erzeugen; wenn endlich unzwei- 
felhaft die bittere Noth und ein nur thierisches Leben jede edlere 
Regung des Herzens und jede geistige Spannkraft allmählich er- 
tödtet und den Stachel des Gewissens abstumpft: wie mag man 
da hoffen durch ein bequemes Gehenlassen welches so gern mil 
dem gewinnenden Worte Freiheit sich schmückt, aus diesem 
grauenvollen Zirkel herauszukommen. 
nn m 
Zeugnisse.
	        
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