Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht. 993 
Für diese Classen der arbeitenden Bevölkerung wird die 
Absicht, an einem Orte den dauernden Aufenthalt zu nehmen 
und in den Verhältnissen, in welchen sie sich befinden, zu ver- 
harren, in der Regel durch die Gründung eines eigenen Haus- 
standes oder die Schliessung einer Ehe kundgegeben. Obschon 
die betheiligten Personen nicht immer ein klares Bewusstsein 
von der Bedeutung des Schrittes, den sie thun, haben mögen, 
so ist es doch ausser Zweifel, dass durch denselben die Mög- 
lichkeit, in andere Verhältnisse überzugehen und einen andern 
Aufenthaltsort zu wählen, für sie sehr erschwert und oft geradezu 
abgeschnitten wird. Andrerseils ist es eben so klar, dass durch 
die Gründung einer Familie der Umfang der Pflichten und Be- 
dürfnisse des Mannes ungemein vermehrt wird. Daher ist hier 
aus eben den Gründen wie bei der Wahl des dauernden Auf- 
enthalts und aus andern neuhinzutreienden die dringendste Ver- 
anlassung, die Frage aufzuwerfen, ob die Personen, welche Ehe 
schliessen, auch überall im Stande sind, die Last der übernom* 
menen Verantwortlichkeit zu tragen. 
Allerdings erheben sich gegen Beschränkungen der persön- 
lichen Freiheit auf diesem Gebiele die Stimmen am lautesten. 
Theils wird dem Staale das Recht zu einer solchen Beeinträch- 
tigung derselben geradezu bestritten; theils besorgt man, dass 
nur eine vermehrle Verwilderung der Sitten die Folge davon 
sein werde. Weil Beschränkungen der Ehen durchaus unzu- 
lässig und unausführbar seien, so wird auch jede Erschwerung 
der Niederlassung für vergeblich und verkehrt gehalten, die Ein- 
räumung der unbeschränklen persönlichen Freiheit, als der einzig 
richtige und gefahrlose Weg bezeichnet. 
Diese Ansichten haben in unserer Geselzgebung lange genug 
geherrscht, um ihren Werth und ihre Anwendbarkeit auf unsere 
Verhältnisse durch die Erfahrung bewähren zu können. 
Die Thatsachen und deren wissenschaflliche Erläuterung 
zeigen indess zu deutlich, wie Beschränkungen des Fortschrittes 
der Bevölkerung im eigenen Inleresse der Arbeiter bei uns un- 
umgänglich geworden sind, als dass die Aussicht auf hefligen 
Widerspruch abhalten dürfte, eine nur ungern und mit Zögern
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.