338 Betrachtungen
ein vorzüglicher Zweck der Gemeindeordnung vom 11. März 1850.
Die Bildung neuer Gemeinden war die Grundlage aller ihrer Be-
stimmungen. Doch hatte man dabei den Fehler begangen, die
Zwecke, für welche die Bildung grösserer Verbände erfolgen
sollte, oder den Inhalt des Gemeindelebens für dieselben weder
im Gesetze auszusprechen, noch auch in anderer Weise unzwei-
felhaft festzustellen. Das Gesetz beschäftigte sich hauptsächlich
mit den Formen der neu zu bildenden Gemeindeverwaltung.
Dieser Umstand hat vorzüglich dazu beigetragen, dass das Gesetz
nicht zur Ausführung kam. Es war nicht ersichtlich, dass es sich
vorzüglich darum handele, die genügenden Grundlagen für neue
Schöpfungen oder für die bessere Wahrnehmung bestimmter,
bisher vernachlässigter Interessen zu gewinnen; dass daneben
die bestehenden Einrichtungen forterhalten werden könnten, so
weit sie für die Befriedigung anderer Bedürfnisse hinreichten.
Vielmehr konnte die Ansicht gewonnen werden, es sollten die
neu zu bildenden Verbände die bestehenden gänzlich absor-
biren und die Grundlage für alle möglichen oder doch für alle
vorhandenen Kommunalzwecke abgeben. Weder die mit Aus-
führung des Gesetzes beauftragten Behörden, noch die Bethei-
ligten, deren Zustimmung nach den Bestimmungen des Gesetzes
erforderlich war, gelangten zu übereinstimmenden und klaren
Ansichten hierüber. So fand das Gesetz wenig Anklang und
heftige Opposition, weil es die bestehenden Einrichtungen ohne
Noth überall umstürze und einen leeren Formalismus schaffe,
der-für die ländlichen Verhältnisse der östlichen Provinzen nicht
passe.
Allein ungeachtet die Opposition den Sieg behalten und die
gänzliche Aufhebung des Gesetzes ‘erreicht hat, konnte das klar
vorliegende Bedürfniss einer Vereinigung der zersplitterten Kräfte
für die Sicherstellung und bessere Verfolgung gewisser gemein-
samer Zwecke nicht übersehen werden. Derselbe ist vielmehr
in den neuen, von einem ganz entgegengeselzten Standpunkte aus
entworfenen Vorlagen über die Gemeindeordnung ausdrücklich,
wenn auch in anderer Form anerkannt ').
1) Der Artikel 4 des Entwurfs betreffend die Gemeindeordnung der
Provinz Preussen enthält die Bestimmung: