über Armenpflege und Heimathsrecht. 339
In der That kann man sich der Einsicht, dass die Bildung
grösserer Verbände für gewisse Kommunalzwecke unumgänglich
ist, gar nicht verschliessen, sobald man diese selbst und die Be-
dingungen, unter welchen sie allein erreicht werden können,
näher ins Auge fasst. Man wird sich dann eben sowohl über-
zeugen, dass zur Lösung verschiedener Aufgaben diese Verbände
einen ganz verschiedenen Umfang haben können und oft müssen,
sowie dass die bestehenden Einrichtungen sehr wohl neben den
neu zu errichtenden forterhalten werden können und oft nur
wenig davon berührt zu werden brauchen.
Das ist mindestens hier der Fall. Die Bildung von Domi-
zilgemeinden bedingt keine unmittelbare Veränderung in den
Verhältnissen der bestehenden Gemeinden. Sie können in ähn-
licher Weise über denselben stehen, wie dies mit den Schul-
gemeinden schon gegenwärtig häufig der Fall ist.
Die Domizilgemeinden sollen Rechte ausüben und Pflichten
übernehmen, welche die bestehenden Einzelgemeinden nicht haben,
oder doch nicht wirksam auszuüben vermögen. Sie sollen die
Einzelgemeinden von einer oft schon beschwerlichen Last, der
Last der gesetzlichen Armenpflege, befreien, von der Ansiede-
lung von Personen und Gründung von Familien, welche ohne
Aussicht auf redlichen Erwerb sind, bewahren.
„Wenn Güter nicht in den Kommunalverband mit einer schon bestehen-
den Gemeinde eintreten, sondern selbstständige Gutsbezirke bilden, so werden
diejenigen Gemeinschaften zwischen den Gütern und den Gemeinden, welche
für einzelne und bestimmte Zwecke im öffentlichen- oder Gemeindeinteresse
z. B. für Armenpflege, Feuerlöschwesen, hinsichtlich der Verrichtungen des
Schulzen u. s. w. bereits bestehen oder später sich bilden, durch die ge-
genwärtigen Bestimmungen über das Gemeindewesen nicht verändert oder
beschränkt.“
Die Entwürfe der Gemeindeordnungen für die übrigen Provinzen ent-
halten ähnliche Bestimmungen.
Ist diese Verfügung des Gesetzes, wie man nach ‚dem älteren Rechts-
zustande und dem Streben diesen in soweit für hergestellt zu erklären, als
er nicht durch Spezialgesetze ausdrücklich abgeändert ist, wohl annehmen
muss, dahin zu verstehen, dass die Bildung solcher Gemeinschaften für be-
stimmte Zwecke im Verwaltungswege angeordnet werden kann, so würde
es nur von der Benutzung dieses Artikels abhängen, welche praktische Be-
deutung die so hartnäckig vertheidigte Isolirung der Rittergüter behielte.