354 Betrachtungen
Wir können diesen Ansichten in soweit nur auf das Voll-
ständigste beitrefen, als auch wir glauben, dass die Pflichten der
Keuschheit und Enthaltsamkeit in der Ehe nicht aufhören, und
die letztere insbesondere überall da anerkannt und beobachtet
werden muss, wo Mi Mittel, die Kinder in angemessener Weise
für das Leben auszurüsien, fehlen, und auch keine begründete
Aussicht vorhanden ist, dieselben zu erwerben. Eine weitere
Erörterung dieses Gegenstandes liegt nicht innerhalb der Grenzen
unserer Aufgabe.
Diese Andeulung erschien dagegen am Platze, um auch hier
ausser Zweifel zu stellen, dass wir in den Gesetzen hauptsächlich
Hilfsmittel zur Berichtigung der Begriffe erblicken, sie gleichsam
als Grenzsteine ansehen, durch welche einzelne Punkte der ein-
zuhaltenden Linie fest und deutlich bezeichnet werden, während
es der Sitte, der öffentlichen Meinung und zuletzt wie vor Allem
dem Gewissen jedes Einzelnen überlassen bleiben muss, mit
Hilfe dieser Leitsterne die zarte Linie zwischen dem Recht der
eigenen Persönlichkeit und der Pflicht der Hingebung an das
Gemeinwohl auf allen Schritten des Lebens zu erkennen und zu
beachten. "
X. Unterstätzung aus Mildthätigkeit.
Da die Unterstützung, welche Hilfsbedürftiige durch die Be-
theiligung-an den oben erwähnten Anstalten finden können und
von der Gemeinde zu erwarten haben, nach den auseinander-
gesetzten Grundsätzen sich nur auf bestimmte Fälle erstrecken und
innerhalb gewisser Grenzen halten soll, überdiess alle Ansprüche
angebrachtes und folgenschweres Zartgefühl erklärt, welches vorzieht, dass
bei einer der wichtigsten Angelegenheiten für die menschliche Wohlfahrt
lieber Recht und Unrecht falsch verstanden und verwirrt werde, als dass man
die Sache unbefangen bespreche und erörtere: „One would imagine that
children were rained down upon married people direct, from heaven, with-
out their being art or part in the matter.“ (IT, 457.) „People are little
aware of the cost to mankind of this scrupulosity of speech“ (456).
Dem Verfasser entgeht uuch nicht, dass die Trägheit, die klaren Gesetze
der Bevölkerungsvermehrung anzuerkennen, zum Theil ihre Wurzel in der
Abneigung hat, höheren Lohn zu zahlen. Cf. Mill-Soetbeer ], 381.