Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

34 Betrachtungen 
im Durchschnitt des ganzen Jahres — die Nachfrage danach }). 
Dazu war und ist der Arbeiter weder geistlich.noch sittlich ge- 
bildet genug, um die Pflicht der Sparsamkeit in den Tagen des 
reichlicheren Erwerbes für die Zeiten der Bedrängnisse in vollem 
Umfange zu erkennen und aus eigener Bewegung zu üben. 
Auch muss anerkannt werden, dass der Einzelne für sich allein 
und durch blosses Zurücklegen eines Sparpfennigs den verschie- 
denen Zufällen, welche ihn bedrohen, nicht genügend, noch mit 
Sicherheit begegnen kann. Mit der Aussicht auf einen entspre- 
chenden Erfolg, schwindet sehr erklärlich auch die Neigung, sich 
Entbehrungen aufzuerlegen, um für die Zukunft zu sorgen. So 
ist also in Folge theils der niedrigen Lohnsätze, theils der Un- 
bedachtsamkeit und Schwäche des Arbeiters die Nothwendigkeit 
eingetreten, aus andern Quellen zu ergänzen, was vom Arbeits- 
lohn allein bestritten werden sollte. Die Zuschüsse, welche bei 
dem Bestehen eines festen Dienstverhältnisses der Lohnherr in 
der Form einer wohlwollenden Theilnahme zu dem. vertrags- 
mässig festgesetzten Lohne für Unglücksfälle gewährt, werden 
dem sogenannten freien Arbeiter von der Gesellschaft in der 
Form der Armenpflege geleistet. 
Würden alle Arbeiter, deren Unterstützung im Wege der 
Armenpflege oder aus Mildthätigkeit zeitweise nothwendig wird, 
aus dem Staate entfernt, und von der Concurrenz ausgeschlossen, 
— z. B. durch eine massenhafte Auswanderung — so würde 
der Arbeitslohn ohne Zweifel. beträchtlich steigen. Umgekehrt ist 
es klar, dass der Lohn durch die Anwesenheit und Concurrenz 
‚vieler Arbeiter herabgedrückt wird, deren Unterhalt zeitweise 
von fremder Unterstützung abhängt, deren Dienste jedoch 
periodisch von der Gesellschaft in Anspruch genommen werden. 
Der dritte Gesichtspunkt, unter welchem Ansprüche 
auf Hilfsleistungen erhoben werden, sind die nalürlichen Be- 
1) Siehe die Bemerkungen des Verfassers über die Lage der freien Ar- 
beiter in der Provinz Preussen in v. Lengerke: Die Provinz Preussen in 
landwirthschaftlicher Beziehung. Berlin 1852. S. 487. Vergleiche damit die 
im Wesentlichen durchaus übereinstimmenden Angaben über die Verhältnisse 
der Einlieger (Loosleute, Heuerlinge etc.) in den übrigen Provinzen in 
v. Leangerke: Die. ländliche Arbeiterfrage. Berlin 1849. S. 17 £,
	        
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