in Hinblick auf den Anschluss an den Zollverein. 377
Der Aufschwung, den die. industrielle Thätigkeit in Baden
nahm und die günstige Rückwirkung dieses Aufschwunges auf
Landwirthschaft und Handel, machte sich in weiten Kreisen fühl-
bar ').
Schon 1841, als die erste Erneuerung der Verträge zur
Frage stand, war aller Widerspruch verstummt, und vergebens
würde man jeizt in ganz Baden ein Dutzend beachtenswerther
Stimmen zusammen zu bringen suchen, um den mit dem 1. Januar
1854 möglichen Austritt Badens aus dem Zollvereine zu befür-
worten.
Das auffallendste Beispiel dafür, wie gänzlich unfähig die
öffentliche Meinung war, eine richtige Anschauung von den
Folgen der Zolleinigung und inneren Verkehrsfreiheit im Voraus
sich zu bilden, liefert das Königreich Sachsen, welches, selber
ohne Zollsystem, von fremden Zolllinien eingeschlossen war und
doch das grösste Interesse eines freien Verkehrs für seine zahl-
reichen Industrieerzeugnisse und seinen Handelsplatz Leipzig hatte.
Als die sächsische Regierung im März 1833 den Beitritt
unterzeichnet hatte, sprach und schrieb man von einer Ueber-
vortheilung der Landesinteressen und war merkwürdiger Weise
sogar für die sächsische Industrie besorgt.
In einem Dresdener Pasquill ward der Finanzminister von
Zeschau — einer der verdientesten und bedeutendsten Staatsmänner
seiner Zeit, dessen Integrität über alle Zweifel erhoben war, der
nur das Unglück hatte, heller in die Zukunft zu sehen, als da-
mals die Mehrzahl seiner Landsleute — beschuldigt, Sachsen für
Gold und Orden verkauft zu haben; es konnte ihm nicht viel
Ueberwindung kosten, diese an einer Strassenecke angeschlagene
Schmähschrift im Dresdener Intelligenzblatte zur weiteren Ver-
breitung abdrucken zu lassen.
In einer mit Hunderten von angesehenen Unterschriften be-
deckten Leipziger Petition ward der Regierung demonstrirt, dass
durch den Anschluss die Leipziger Messen wegen Abnahme des
englischen Manufaciurgeschäftes u. s. w. unfehlbar zu Grunde gehen
—
1) Vergl. Regenauer, Beleuchtung des Entwurfes zu einem Zolltarif
für das vereinte Deutschland. Karlsruhe 1849.
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