430 Studien über württembergische Agrarverhältnisse.
auch unter Umständen rathsam seyn, eme ganze Gemeinde aus-
zukaufen. Indem der Staat in solcher Weise Eigenthümer von
Gemeindegrundstücken würde, erwüchse für ihn die Pflicht, sich
an dem Fortkommen der im Landbau gar nicht mehr zu be-
schäftigenden Personen zu belheiligen. Diess könnte auf die
verschiedenste Weise geschehen je nach den Verhältnissen der
Gemeinde; immer aber wird es Geldopfer kosten, am meisten,
wenn man sich entschliessen müsste, einen grösseren oder ge-
ringeren Theil der Gemeindeangehörigen auswandern zu lassen.
Ich sage, die Auswanderung kostet am meisten, weil man nalür-
lich auf dieses Mittel greift, wenn andre Mittel noch mehr kosten
würden. Die Summe, die der Staat dazu aufzuwenden hälte,
müsste auf den Preis der Grundstücke draufgeschlagen werden,
ebenso wie die Kosten der neu zu erriehtenden Wirthschaftsgebäude,
falls die vorhandenen und mit den Grundstücken übernommenen
Gebäude dem neuen Bedürfniss durchaus nicht genügten.
Bei der ökonomischen Beurtheilung der ganzen Operalion
kommt es darauf an, wie hoch sieh durch die ursprüngliche
Ankaufssumme und den Zuschlag der andern erwähnten Ausgaben
der Preis des Morgens im Verhältniss zu der zu erwartenden
Rente stellt. Wenn man erwägt, wie ausserordentlich wohl-
feil jetzt in vielen Gemeinden Grundstücke zu haben sind,
und wie die Kapitalisten sich oft unglaubliche Verluste an ihren
Forderungen gefallen lassen, blos um von einem schlechten Sehuld-
ner oder von einem für sie werthlosen Besitz wieder loszukom-
men, so wird die Annahme nicht übertrieben erscheinen, dass
dem Staat eine derartige Erwerbung irotz der grossen weiteren
Auslagen nicht zu iheuer kommen werde. Wo diess der Fall
wäre, liesse sich selbst vom finanziellen Standpunkt aus nichts
gegen das ganze Unternehmen einwenden. Aber wenn der An-
kauf auch um ein Beträchtliches zu iheuer wäre, so -liesse sich
derselbe vom volkswirthschaftlichen und allgemein polizeilichen
Standpunkt aus wohl rechifertigen; nur dass dann natürlich der
Mehrbetrag nicht aus dem durch die Ablösung ohnehin schon
genug beschädigten Domänengrundstock zu bezahlen, sondern ‚aus
der Staatskasse zuzuschiessen wäre. Die Rechifertigung für einen
solchen Zuschuss läge dann in dem unzweifelhaften Gewinn, der