Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 433 
bäuerlichen Besitz gelangen zu lassen und dadurch auf Erhaltung 
des mittleren und kleineren Grundbesitzes hinzuwirken. Je nach 
den Verhältnissen der Gemeinde kann das Verfahren dabei sehr 
verschieden seyn. Der Staat kann den erworbenen Grundbesitz 
parzellenweise an die besser stehenden Bauern verpachten und 
allmählich verkaufen, oder er kann neue Höfe bilden und diese 
verpachten und den Pächter sie durch jährliche Abzahlungen all- 
mählich erwerben lassen, wenn er nicht alsbald die Möglichkeit 
finden sollte, sie wieder zu verkaufen. 
So, meine ich, könnte und sollte es der Staat in unsern 
jetzigen Verhältnissen machen; er würde auf diese Weise den, 
wie ich glaube, nothwendig gewordenen Rückbildungsprocess zu 
grösseren bäuerlichen Wirthschaften wesentlich erleichtern und 
beschleunigen. Ich sage nicht, des Staates Betheiligung sey eine 
absolute Nothwendigkeit. Ist die ausgesprochene Ansicht über 
die Thatfrage, ob nämlich wirklich die ökonomischen Verhältnisse 
so geworden sind, dass es vorlheilhaft wird und bageits geworden 
ist, zusammenzukaufen, richtig, dann geht es auch ohne den Staat 
durch die Wirkung des ökonomischen Verkehrs von selbst. Aber 
wenn man die Sache dem Prozess der Naturheilung überlässt, 
das heisst, dem Wirken des menschlichen Eigennutzes und der 
Gewinnsucht, mit eiwas Wenigem von freiwilliger (nicht durch 
die Organe der Gemeinschaft vermittelter) Humanität und Auf- 
opferung vermischt, dann kann es lange dauern und mittlerweile 
ein immer schlechterer und für’s Ganze gefährlicherer Zustand 
sich bilden, oder es geht auf dem Wege einer auch das härteste 
Gefühl verletzenden Noth. Desshalb, glaube ich, soll der Staat 
eingreifen und er kann es auch, wenn er die eingehenden Ab- 
lösungsgelder wenigstens zum Theil darauf verwendet und damit 
Summen, welche dem Boden genommen werden, dem Boden 
wiedergiebt. 
Mögen Andere, die ein besseres Mittel wissen, ein solches 
angeben. Ich für meinen Theil weiss nichts Besseres, und ich 
sehe wohl, wie schwierig auch das angegebene Miltel in der 
Ausführung ist. Schweigen aber geht bei dem, der den Beruf 
hat, über solche Dinge nachzudenken, gegen das Gewissen und 
dann mag sich derjenige, der spricht, damit trösten, dass gegen-
	        
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