Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

468 Völkerrechtliche Lehre 
einfache, lichtvolle Darstellung, die Klarheit des Gedankens und die sorg- 
fältige Benützung des Stoffes nur lobend aussprechen; so wie ich gerne 
anerkenne, auf einige Fragen erst durch sie aufmerksam geworden zu sein. 
Dennoch unterlasse ich die Bekanntmachung meiner Arbeit nicht. Nicht nur 
stehen wir, der Kriminalist und der Publicist, auf verschiedenen Standpunktien 
und haben verschiedene Thätigkeitsrichtungen des Staates zunächst im Auge; 
sondern wir gehen auch von anderen obersten Sätzen aus, und kommen daher 
vielfach zu abweichenden Ergebnissen. Der von mir in der Abhandlung 
ausgesprochene Wunsch einer contradictorischen Behandlung des wichtigsten 
Gegenstandes ist somit früher erfüllt, als ich hoffen durfte. Möge es nicht 
hierbei sein Bewenden behalten! — Es ist natürlich nicht meine Sache, als 
Richter zwischen unserer beiderseitigen Auffassung aufzutreten; doch sei es 
mir erlaubt, zur Bezeichnung des Verhältnisses Folgendes zu bemerken. 
Es wird sich aus dem Verlaufe meiner Erörterung ergeben, dass ich die 
ganze Lehre von der internationalen Rechtspflege auf Einen Gedanken zu 
stellen suche, nämlich auf die Pflicht des Staates, zu einer Weltrechtsordnung 
beizutragen; und ich deute wenigstens an, in wie ferne auf dieser Grund- 
lage auch solche Fragen, welche zunächst von mir nicht behandelt werden 
wollten, eine gemeinsame Lösung finden werden, so z. B. das internationale 
Privatrecht im engern Sinne des Wortes, Berner dagegen begnügt sich 
zwar auch nicht mit dem so oft missverstandenen Territorial- Prinzipe des 
Strafrechtes, sondern sucht für eine weitere Thätigkeit des Staates wissen- 
schaftliche Begründung; er findet diese aber nicht in Einem Grundsatze, 
sondern geht in den drei Hauptfragen, in welche ihm der Gegenstand (so 
weit er uns gemeinschaftlich ist) zerfällt, von drei besonderen Sätzen 
aus. Die Bestrafung der Inländer für ihre im Auslande begangenen Ver- 
brechen stützt er auf eine Persönlichkeit des Strafgesetzes; die Bestrafung 
der Ausländer wegen der im Auslande gegen uns begangenen Handlungen 
auf ein in solchem Naturzustande bestehendes natürliches Strafrecht; die Aus- 
lieferung der Verbrecher endlich auf eine Pflicht des Staates, andere Staaten 
in ihrer Rechtspflege zu unterstützen Hiernach stellt sich denn die Sache 
so: wenn meine einzige Grundlage falsch ist, dann stürzt auch das ganze 
darauf gegründete Gebäude zusammen; wenn es aber wissenschaftlich nöthig 
ist, die, unzweifelhaft nahe verwandten, Fragen Berner’s unter Einen 
obersten Gedanken zu stellen, um zu einem befriedigenden Abschlusse zu 
kommen, dann ist er nicht zum Ziele gekommen. Um diese Punkte wird 
sich also das Urtheil unserer beiderseitigen Kritiker zunächst drehen.
	        
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