Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

470 Völkerrechtliche Lehre 
Unterthanen während dieses Aufenthaltes begangenen Verbrechen. 
Eine Milderung der Strafen oder völlige Unzurechnungsfähigkeit 
wegen angeblicher Unkenntniss der Gesetze ist jeden Falles nicht 
die Regel. — Belege der gesetzlichen Stellung der Fremden un- 
ter das einheimische Recht sind unter anderen folgende: für 
Oesterreich, Crim.Ges.Buch, $ 31; für Preussen, Land- 
recht, II, Tit. 29, $ 12 und 13; für Baiern, Publicat. Pat., 
Art. 4; für K. Sachsen, Straf.G.B., Art. 9; für Württem- 
berg, Straf.G.B., Art. 4; für Frankreich, Code civil, Art. 3; 
ebenso für Belgien; für den Kirchenstaat, Straf.Pr.O., Art. 
60; für England und die Vereinigten Staaten von Nord- 
Amerika vergl. Story, Conflict of laws, ed. ?, $ 620. 
Endlich ist auch darüber keinerlei Meinungsverschiedenheit, 
dass ein Staat unbedenklich das Recht, und dass er die Pflicht hat, 
Verbrechen zu bestrafen, welche von seinen, bleibenden oder 
vorübergehenden, Unterthanen in seinem eigenen Gebiete ge- 
gen auswärtige Staaten oder deren Angehörige begangen 
wurden. Sehr viele Fälle, zum Theil von grosser geschichtlicher 
Berühmtheit, liegen als Belege vor; so z. B. Pressprozesse, we- 
gen Beleidigungen fremder Regierungen. Die dabei vorgekom- 
menen Streitigkeiten betreffen nicht den Grundsatz, sondern un- 
tergeordnete Fragen, z. B. ob auf eine Beschwerde zu warten 
oder das gerichtliche Verfahren von Amtswegen zu beginnen sei. 
(So die Beschwerde des Consuls Bonaparte über das Verhalten 
Englands in Pelletier’s Sache.) Und ebenso ist es kein Beweis 
einer gegentheiligen Ueberzeugung, wenn verletzte Staaten zu- 
weilen nicht Bestrafung, sondern Wegsendung des Beleidigers 
verlangen. Theils finden sie in solcher gänzlicher Entfernung 
eine grössere und nachhaltigere Sicherheit für sich ; theils mögen 
sie zuweilen eine solche Verwaltungsmaassregel der Oeffentlich- 
keit eines Strafverfahrens vorziehen '). 
1) Diess sind offenbar die Gründe, aus welchen im J. 1834 die meisten 
Nachbarstaaten nur Wegweisung der Theilnehmer an dem Savoyer Zuge, 
nicht aber Bestrafung derselben von der Schweiz verlangten. Dass aber auch 
letztere als im Rechte begründet angesehen wurde, beweist z.B. die sardinische 
Note vom 23. April 1834 (Martens, N. Suppl., Bd. III, S. 819); und noch 
mehr das Verhalten von Frankreich , welches seiner Seits wirklich gericht-
	        
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