498 Völkerrechtliche Lehre
Verlangen fremder Staaten zur Bestrafung auch solcher Vergehen
mitgewirkt werde, welche unsere Wohlfahrt und Sicherheit nicht
verletzen. — Tittmann (Die Strafrechtspflege in völkerrechtlicher
Hinsicht) führt zwei, freilich schwache, Gründe für die Ausdeh-
nung des Strafrechtes über die eigene Rechtsordnung an. Ein-
mal nämlich, weil der Staat auch im Auslande eine Oberherr-
schaft über seine eigenen Unterthanen habe (?). Zweitens, die
Vermeidung von Beschwerden fremder Staaten. Ausserdem be-
hauptet er noch anderwärts (Handb. der Strafrechtsw., 2. Aufl.,
6 32.), dass delicta juris gentium, d. h. Verbrechen, welche
der menschlichen Natur gemäss überall als Verbrechen erachtet
seien, dem Strafrechle jedes Staates unterliegen, auch wenn sie
im Auslande begangen seien. Schärfer fasst Egger die Sache
auf, wenn er (in Zeiller’s Jährl. Beiträgen, 1809, Bd. III, Nr. 3.)
dem Staate ein Strafrecht wegen der im Auslande begangenen
Handlungen seiner Bürger desshalb beilegt, weil derselbe durch
solche Vergehen selbst beleidigt sei, er überdiess eine Bürgschaft
des Rechtes in Beziehung auf seine Unterthanen übernommen habe.
Nur unter der Voraussetzung dieser Nachhülfe sei der Verkehr
unter den Menschen gesichert. Gründe der Staatsklugheit wer-
den nebenbei angeführt. — Helie (Trail& de l’instruct. crim.,
Bd. II, S. 495 sq.) behandelt zwar zunächst nur Sälze des posi-
tiven französischen Rechtes; allein seine Beweisführung findet
auch auf die Frage im Allgemeinen Anwendung. Seiner Ansicht
nach ist es nämlich allgemeines menschliches Interesse, dass jedes
Verbrechen auch bestrafi werden kann. Nun würde aber eine
im Auslande begangene, dort aber thalsächlich nicht zur Strafe
gebrachte That straflos bleiben, wenn nicht entweder ausgeliefert
oder vom diesseitigen Staate besirafi würde. Jenes sei nicht
tbunlich (7), also müsse Strafe erfolgen. — Endlich gehört auch
der neueste Schriftsteller über den Gegenstand zu dieser Klasse,
nämlich Berner, Wirkungskreis des Strafgesetzes nach Zeit,
Ort und Personen. Berl. 1853. Derselbe ist einer allgemeinen
Weltrechtspflicht des Staates entgegen; nimmt aber einen dop-
pelten Grund zur Ueberschreitung des Territorialprinzipes an.
Einmal geht er davon aus, dass der im Auslande sich vergehende
Inländer durch die Persönlichkeit der Strafgesetze der diesseiligen