Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

534 Völkerrechtliche Lehre 
Nothwendige Folgerungen dieser Auffassung, welche ohne 
Zweifel eine „selbstsüchtige* genannt werden darf, sind nun 
aber nachstehende. 
‘Vor Allem bekümmert sich der Staat um Handlungen, welche 
nicht gegen seine eigene Rechtsordnung gerichtet sind, gar 
nicht; gleichgültig, wo und von wem dieselben vorbereitet oder 
begangen werden mögen. Er ordnet weder Vorbeugungsmaass- 
regeln zu ihrer Verhinderung an, noch enthält sein Strafgesetz 
‚ein Verbot derselben, oder ist seinen Gerichten irgend eine Zuslän- 
digkeit in Beziehung auf solche Handlungen gegeben. Selbst wenn 
sie in seinem Gebiete und von seinen Angehörigen unternommen 
sind, ist es nicht seine Sache, denselben enigegen zu treten, da 
sie mit seiner eigenen Aufgabe in keinem Widerspruche stehen, 
er aber nicht zum Hüter und Vormund. fremder Staaten gesetzt 
ist. Diese mögen sich selbst schützen; und sie haben nament- 
lich auch unbestritten das Recht, Verletzer ihrer Gesetze, wer 
immer sie sein mögen, nach ihren eigenen Bestimmungen zu be- 
handeln, wenn sie derselben im Bereiche ihrer Zuständigkeit und 
ihrer Gewalt habhaft werden können. Lediglich in dem Falle, 
wenn eine gegen auswärliges Recht gerichtete Handlung auch 
den innern Frieden zu stören oder dem Staate sonstigen Scha- 
den zu bringen geeignet ist, mag solche gesetzlich verboten und 
vorkommenden Fulles bestraft werden; aber natürlich nur eben 
im Verbältnisse dieser inneren Beziehungen. - 
Eine zweite nolhwendige Folge dieser Auffassung ist es, 
dass Menschen, welche in eineın fremden Staate eine Verletzung 
der dortigen Rechtsordnung begangen, sich aber später in das 
diesseitige Gebiet begeben haben, hier unangefochten bleiben. 
Ob, solche Zuziehende diesseits überhaupt aufgenommen werden, 
ist eine Frage für sich, deren Beantwortung in der Regel von 
dem Belieben der Regierung, zuweilen von feststehenden Ge- 
setzen abhängt. Nichtibekümmerung um fremde Rechtsordnung 
und allgemeine oder gar gesetzliche Gewährung von Asyl sind 
keineswegs gleichbedeutende Begriffe; namentlich kann erstere 
gar wohl ohne letztere bestehen und Grundsatz sein. Wenn 
aber solche Fremde einmal zugelassen sind, vielleicht nach den 
Gesetzen zugelassen werden müssen, dann stehen sie allerdings
	        
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