Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle. 539 
zu Recht bestehend anzuerkennen oder sich feindselig gegen 
sie zu benehmen, während längeres Zuwarten Gebot der Klug- 
heit wäre, oder vielleicht die Dinge an sich noch keineswegs 
spruchreif sind. Wenn in einem Lande Partheien um den Sieg 
kämpfen, Herrscher entstehen und gestürzt werden, ist es nicht 
immer leicht, auch nur den bequemen internationalen Grundsatz auf- 
recht zu erhalten, nach welchem die jeweil thatsächlich bestehende 
Gewalt im fremden Staate ebenfalls thatsächlich anerkannt, über 
den Rechtsbestand aber kein bindendes Uriheil abgegeben wird. 
Allein ganz anders noch wird die Schwierigkeit, und unter Um- 
ständen die Gefahr, wenn ein Staat von einer solchen zweifel- 
haften aber starken auswärtigen Gewalt kategorisch aufgefordert 
wird, sich über deren rechtliche Anerkennung zu erklären; oder 
wenn er in die Lage kommt, seiner Seits amtliche Schritte zu 
thun, welche eine solche Anerkennung läugnen oder aussprechen. 
Eine Läugnung mag Krieg, eine Anerkennung Verwicklung in 
fremde Unruhen, Zerwürfniss mit bisherigen Verbündeten, Un- 
treue gegen bisher festgehaltene politische Grundsätze zur Folge 
haben. Jeder Schritt dieser Art will also wohl überdacht, mit 
anderen Regierungen besprochen sein. Eine solche Umsicht 
ist aber für einen Staat,’ welcher sich zu kosmopolitischer Rechts- 
hülfe bekennt, sehr erschwert. Natürlich kann nur gegen recht- 
lich bestehende Regierungen ein Staatsverbrechen begangen, nur 
von solchen Gewalten eine Aufforderung zum Rechtsbeistande 
angenommen werden. Eine Rechtshülfe zur Unterstützung einer 
ungesetzlichen Gewalt wäre Theilnahme an ihrem Vergehen und 
zu gleicher Zeit Unrecht gegen den. Gestraften. Umgekehrt aber 
muss einer begründeten Aufforderung einer rechtsbegründeten 
Regierung Folge geleistet, ja eine solche auch ohne Verlangen 
von ihrer Seite durch Vorbeugungsmaassregeln geschützt werden. 
Nur allzu leicht kann also irgend ein Zufall, ein verhältnissmässig 
unbedeutender Umstand zu einer frühzeitigen und dadurch sehr 
bedenklichen, ausdrücklichen oder stillschweigenden Erklärung 
nöthigen. 
Endlich noch, und es dürfte diess das Bedenklichste sein, 
setzt sich ein zu kosmopolitischer Rechtshülfe entschlossener Staat 
der üblen Alternative aus, einer fremden gewaltthälig und gesetz-
	        
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