Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

542 Völkerrechtliche Lehre 
tungen getroffen werden. Es hängt nämlich viel davon ab, ob 
ein Staat, welcher lediglich für seine eigene Rechtssicherheit 
sorgt, auch noch ein allgemeines Asyl für die Flüchtlinge aus 
anderen Staaten eröffnet, oder ob er ein solches Recht und eine 
solche Pflicht nicht beansprucht. 
Im ersten Falle ist nicht zu vermeiden, dass das betreffende 
Land eine Herberge für alle Arten von Verbrechern 
werde. Weil sie weder Besiralung noch Auslieferung zu ge- 
warten haben, werden sie sich von allen Orten lierher ziehen; 
zunächst natürlich aus den Nachbarstaaten. Es ist nun nicht nur 
möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, dass sich aus einer 
solchen Ansamınlung grosse, vielleicht ganz unerlrägliche Nach- 
theile entwickeln. Auch angenommen nämlich (was aber nicht 
einmal immer richtig sein möchte), dass solche Flüchtlinge gegen 
den sie jelzt beschützenden Staat und gegen dessen Angehörige 
keine Rechtsverletzungen vornehmen; angenommen ferner, dass 
nicht schon der Anblick manches grossen, jetzt aber ungestraft 
umhergehenden Verbrechers das Rechisbewusstsein des eigenen 
Volkes stört ( was ebenfalls nicht zugegeben ist): so entsteht 
für andere Staaten eine Reihe von Nachtheilen. Vorerst ist schon 
überhaupt der Rechtsstand weit umher gefährdet durch die Mög- 
lichkeit, vielleicht Leichtigkeit, sich der Strafe durch Flucht in 
ein sicheres Asyl zu entziehen. Sodann mögen die zur Forl- 
setzung ihrer rechtswidrigen Ansichten Entschlossenen ihre Vor- 
bereilungen mit Bequemlichkeit und, wenn sie wollen, oflen be- 
treiben und den günstigen Augenblick zur Vollziehung abwarlen. 
Im ‘schlimmsten Falle steht ihnen wieder der Rückzug in das 
unbedingt schülzende Gebiet offen, und bleibt die Aussicht auf 
immer neue Wiederholungen. Enulich werden die Bedrohlen, 
häufig wenigstens, zu einiger Abwehr der ihnen beständig 
drohenden Gefahr genöthigt, beschwerliche, kostspielige, auch für 
den ordnungsmässigen Bewohner so wie für den Verkehr nach- 
theilige Vorbeugungsmaassregeln zu Irelfen. — Diess Alles aber 
natürlich in dem Verhältniss der Ausdehnung des gewährlen 
Asyles. Wenn dasselbe, wie diess die richlige Folgerung aus 
dem selbstsüchligen Grundsatze ist, auf alle unter fremder Bot- 
mässigkeit begangenen Arten von Rechtsverlelzungen ausgedehnt
	        
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