vom Asyle. 551
Von einer völligen Verweigerung jeder Rechtshülfe. in
allen Fällen, in welchen die Rechte eines fremden Staates be-
droht oder verletzt sind, kann natürlich nicht die Rede sein.
Eine solche grundsätzliche Nichtanerkennung des Rechtes fremder
Staaten wäre nicht nur eine völlige Barbarei, sondern auch, weil
damit auch der Anspruch auf Achtung des eignen Rechtes auf-
gegeben wäre, eine grobe Verkennung wohlverstandenen Vortheiles.
Ueberdiess hiesse diess den kosmopolitischen Gedanken ganz ver-
lassen, nicht aber ihn auf Nothwendiges beschränken. Der Grund-
satz der Hülfe muss also bestehen bleiben; und nur wo es sich
findet, dass Beihülfe für den fremden Staat und dessen Recht
von untergeordneter Bedeutung ist, während die daraus für den
diesseitigen Staat drohenden Missstände sehr empfindlich wären,
mag so weit, aber auch nur so weit, eine Ausnahme billiger-
weise gemacht werden.
Wirft man nun einen Blick auf-die (oben S. 514 ff. näher
erörterten) vier verschiedenen Arten von Fällen, in welchen bei
Anerkennung des kosmopolitischen Grundsatzes einem fremden
Staate zur Aufrechterhaltung seines öffentlichen Rechtes Hülfe zu
leisten sein kann: so sieht man vor Allem, dass dieselben zwei
Gruppen bilden. In der einen stehen diejenigen, präventiven und
repressiven, Maassregeln, welche der helfende Staat gegen die
unter seiner eigenen Botmässigkeit Stehenden zu ergreifen hat.
Also theils die Angriffe auf fremde Staaten, welche im diesseitigen
Gebiete von diesseitigen, bleibenden oder vorübergehenden, An-
gehörigen vorbereitet und vollzogen werden; theils die Bestra-
fung solcher Angehöriger, welche in fremdem Gebiete gegen
die dortige Gewalt sündigten, allein unentdeckt oder mindestens
ungestraft, unter die vaterländische Gerichtsbarkeit zurückkamen.
Die andere Abtheilung aber wird gebildet von den Fällen, in
welchen eniweder Unterthanen des fremden Staates selbst oder
Angehörige dritter Staaten sich gegen die Rechte jenes Staates
verfehlten, unbestraft entkamen, nun aber sich in diesseiliger
Gewalt befinden. — Vergleicht man nun aber die eigenthümliche
Wichtigkeit der Beihülfe in den beiderseitigen Fällen für den
verletzten, und die Beschwerlichkeiten der Mitwirkung für den
helfenden Staat: so ist wohl hinsichtlich der in die erste Gruppe
Zeitschr. für Staatew. 1853. 9s Heft. 36