Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

554 Völkerrechtliche Lehre 
tigen Angehörigen gestraft werden, die Ausländer dagegen straflos 
bleiben sollen. Allein in jenem Falle würde die Gestattung einer 
Auswahl in die Nachtheile einer subjectiven Willkühr und über- 
diess in alle Verlegenheiten fremder Forderungen werfen; im 
andern Falle dagegen muss man sich damit trösten, dass dem 
gestraften Unterthanen in keinem Falle Unrecht geschieht, und 
an seiner Strafbarkeit dadurch nichts geändert ist, dass höhere 
Rücksichten die Straflosigkeit eines Mitschuldigen nöthig machen. 
In beiden Fällen wird die schleunige Entfernung solcher Fremden 
wenigstens das öffentliche Aufsehen und damit einen Theil des 
ideellen Schadens beseiligen. 
Dagegen wären unzweifelhaft die Nachtheile überwiegend, 
wenn der Staat nicht seine eigenen Angehörigen von Verletzung 
fremder Staaten abhielte.e Ein solcher Zustand allgemeiner 
Rechtsunsicherheit wäre unerträglich und überdiess höchst schäd- 
lich für Gesittigung und Wohlstand, da er nothwendig zu einer 
allgemeinen scheuen Abschliessung jedes Staates und zur mög- 
lichsten Unterbrechung alles Verkehres mit dem Auslande führen 
müsste. Von der Retorsion gar: nicht zu reden. Freilich er- 
wachsen dem Staate durch diese Pflicht der Rechtsbewahrung 
in seinem Gebiete bedeutende Bemühungen und vielleicht auch 
Ausgaben; allein sie können vernünftigerweise nicht beklagt 
werden, weil sie Bedingungen der allgemeinen Gesittigung sind. 
Und je gewissenhafter ein Staat dabei verfährt, namentlich auch 
bei den Vorbeugungsmaassregeln, desto unbedenklicher mag er 
auch Jie Auslieferung Flüchtiger verweigern. 
Nicht unmittelbar mit der Frage über Verhinderung, Be- 
strafung und Auslieferung hängt die Frage über Gestattung 
eines Aufenthaltes für Flüchtlinge aus fremden 
Staaten zusammen. Das vorstehende vermittelnde System kann 
an und für sich durchgeführt werden, ob der Staat den flüchtigen 
Angehörigen fremder Länder einen Aufenthalt gestattet oder 
nicht; und ersteren Falles, ob der Staat sich eine freie Entschei- 
dung über den einzelnen Fall vorbehält, oder sich ein für allemal 
durch ein Gesetz bindet. Dennoch ist eine gleichzeitige richtige 
Bestimmung dieses Punktes sehr wünschenswerth, indem hiervon 
die Uebernahme oder Vermeidung mancher bedeutender Unzu-
	        
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