Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle, 555 
täglichkeiten abhängt. Es ist nämlich klar, dass bei jeglicher 
Gewährung eines Asyles den Vorbeugungsmaassregeln ein grösserer 
Umfang gegeben werden muss, und zwar in dem Verhältnisse 
.ein grüsserer, als die Aufnahme häufig und ausnahmslos ist. Ferner 
werden voraussichtlich, und zwar ebenfalls in diesem Verhält- 
nisse, Verwicklungen mit Nachbarsiaaten aus der Aufnahme 
flüchliger Unterthanen derselben entstehen. Endlich können die 
oben näher bezeichneten Unzuträglichkeiten und Folgewidrig- 
keiten des vermittelnden Systemes bei einer unbedingten Auf- 
nahmepflicht nicht unsichtbar gemacht werden. — Es bewahrt 
aber wohl der Staat den Geist der praktischen Weisheit und der 
Mässigung, welcher zur Aufgebung der starren Folgerichtigkeit 
in der Hauptfrage führt, wenn er weder eine unbedingte Zurück- 
weisung aller Flüchtlinge aus fremden Gebieten, noch eine un- 
bedingte Aufnahme Aller und Jeder, so wie eine alsbaldige grund- 
sätzliche Gleichstellung derselben mit den eigenen Unterithanen 
in sämmtlichen bürgerlichen und staatlichen Rechten ausspricht; 
sondern zugiebt, was Menschlichkeit und eigener Vortheil ver- 
langen, dagegen sich weder die Uebernahme übergrosser Lasten 
und Verlegenheilen, noch die Beihülfe zu gemeinschädlichen Zu- 
ständen und gefährlichen Rechtsbedrohungen aufdrängen lässt. 
Dem gemäss dürfte es aber das Richtige sein, wenn in einem 
Staate, welcher hinsichtlich der Bestrafung und Verhinderung ein 
mittleres System verfolgt, auch hinsichtlich des Asyles nachstehende 
Sätze aufgestellt werden: 
Der Staat spricht im Allgemeinen das Recht an, Unter- 
thanen. fremder Staaten in sein Gebiet aufzunehmen und den- 
selben hier Aufenthalt zu gestatien, auch wenn dieselben von 
ihrer bisherigen Regierung wegen angeblicher Rechisverletzungen 
verfolgt werden. Er erkennt es ferner im_Allgemeinen als eine 
sittliche Pflicht, solchen Flüchtlingen Aufenthalt und Schutz 
zu gewähren, zu deren Bestrafung mitzuwirken er nach den von 
ihm anerkannten Grundsätzen nicht berufen ist. 
Dagegen anerkennt der Staat kein förmliches Recht 
eines Ausländers, Schutz und Aufenthalt zu fordern, son- 
dern er behält sich vielmehr in jedem einzelnen Falle die Nicht- 
zulassung oder Wiederausweisung vor. Ebenso hat ein geduldeter
	        
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