vom Asyle. 589
die Frage, ob überhaupt ein ünbestraftes Verbrechen vorliege,
nicht nach seinem Landesrechte, sondern nach dem Rechte des
Ortes des Verbrechens. Nur wenn unter den besonderen Ver-
hältnissen des fraglichen Falles überhaupt ein Verbrechen be-
gangen worden ist, kann ja überhaupt eine Sirafe möglich sein.
Eine ungebürliche Ausdehnung der eigenen Gesetzgebung findet
also gar nicht statt. Anderer Seils übt der strafende Staat Ge-
richtsbarkeit nur in seinem Gebiete und nur gegen einen in sei-
ner Gewalt Befindlichen. Also ist auch in dieser Beziehung kein
Grund zu einer Beschwerde und hieraus folgenden Verlegenheit.
— Endlich können aber die überwiegenden Nachtheile nicht etwa
darin bestehen, dass ein zu dem fraglichen Grundsatze sich be-
kennender Staat sich eine lächerliche und doch schliesslich un-
mögliche donquixotische Verfolgung alles ungestraften Verbrechens
in der weiten Welt auflüde. Nicht zu einer allgemeinen Rechts-
herstellung verpflichtet er sich; sondern nur zur Bestrafung sol-
cher Verbrecher, welche sich ohne ihre Handlung gesühnt zu
haben ihm selbst in die Hände geben. Diese Fälle sind aber
nicht nur selten, namentlich wenn, wie natürlich, auch hier alle
kleinern Geselzesübertretungen unbeachtet bleiben‘; sondern es
macht auch ihre Behandlung keine ungewöhnliche und übergrosse
Beschwerde. Nicht einmal besondere Ausforschungs-Maassregeln
werden verlangt; es genügt, wenn der Staat seine Thätigkeit
im Falle einer ihm im gewöhnlichen Geschäftsgange zukommenden
sichern Nachricht entwickelt.
Es ist somit nicht abzusehen, welche Gründe hindern könn-
ten, an die Stelle einer folgewidrigen und mit dem Rechtsbe-
wusstsein im Widerspruche stehenden Gleichgülligkeit eine Bei-
hülfe zur Rechtsordnung treten zu lassen, welche um so ver-
dienstlicher ist, als der Handelnde durch keinerlei selbstischen
Vortheil, sondern lediglich durch Pflichtgefühl zur Aufwendung
von Kraft und Mitteln bewogen wird. Auch hier also ist der
aus der richtigen Lehre hervorgehende Tadel bestehender Ein-
richtungen begründet, und der Rath zu einer Abänderung der
Gesetzgebungen gerechtfertigt.