vom Asyle. 597
Wesentlich anders stellt sich die ganze Frage bei den Aus-
lieferungen der deutschen Staaten unter sich. — Gegenstand der
besonderen Verabredung sind Solche, welche sich „gegen die
Souveränelät, oder gegen die Existenz, Integrilät oder Sicherheit
eines andern Bundesstaates * verfehlten und dem ihrer habhaft
gewordenen‘ Staate nicht selbst angehören. Die angeordnete
Maassregel aber ist: Auslieferung an den verletzten oder bedrohten
Staat, auf vorgängiges Verlangen desselben. — Hieraus ergiebt
sich denn zunächst, dass der Bundesbeschluss eine Auslieferung
nicht vorschreibt für Solche, welche einer Unternehmung gegen
den Bund selbst beschuldigt sind. Allerdings verfügt das Gesetz,
dass solche Handlungen, weil die Bundesverfassung wesentlicher
Bestandtheil der Verfassung jedes einzelnen Bundesstaates 'sei,
unter den Begriff des Hochverrathes, Landesverrathes u. s. w.
fallen sollen; allein eben hieraus geht hervor, dass jeder einzelne
Staat, der eines Beschuldigten dieser Art habhaft wird, zur An-
stellung eines gerichtlichen Verfahrens selbst zuständig ist. Selbst
wenn die in Frage stehende Handlung ausserhalb Landes, und
wenn sie von einem Nichtunterthanen begangen wurde, ist Aus-
lieferung keine Nothwendigkeit; sondern es tritt dann vielmehr
der Fall einer gegen den Staat im Auslande und von einem
Fremden gerichteten Verletzung ein, zu deren Untersuchung und
Bestrafung die einheimischen Gerichte vollkommen zuständig sind,
wenn der Thäter ( wie hier vorausgeseizt) in Gewahrsam ge-
bracht ist. Ferner erhellt aus den Worten des Gesetzes, dass
die Auslieferung keineswegs eine unbedingt nothwendige, in Folge
des Bundesschlusses von selbst eintretende, und somit die einzig
erlaubte Verfahrensweise ist; sondern dass sie nur erfolgen muss,
wenn sie vom Verletzten verlangt wird. Bis dahin, und in Er-
manglung eines Auslieferungsansinnens, ist jeder Bundesstaat
ermächtigt, nach den von ihm im Allgemeinen befolgten Grund-
sätzen zu verfahren, also namentlich, wenn er es für gut findet,
Asyl zu gewähren, sei es mit, sei es ohne Bedingungen, oder
aber den Flüchtigen ganz wegzuweisen. Endlich ist bestimmt,
dass eigene Unterthanen auch in diesem Falle niemals auszuliefern
sind. — Die Frage ist also, ob die vom Bunde in solcher Weise
beschränkte Auslieferung in den eigenthümlichen Verhältnissen