Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

598 Völkerrechtliche Lehre 
Deutschlands begründet ist, so dass eine Ausnahme von dem 
millleren Systeme als eine besondere Nothwendigkeit und nicht 
als ein Vorkommen der von der europäischen Gesilligung im 
Allgemeinen geforderten Handlungsweise erscheint? 
Hier kommen denn nun dreierlei Umstände in Betracht: die 
Kleinheit des Gebietes sehr vieler Bundesstaaten; die vielfache 
Verschlingung der Landesgrenzen; endlich die gemeinschaftliche 
politische Grundlage der deutschen Staaten. — Die Kleinheit des 
Gebietes hat zwei bedeutende Nachtheile für die Beschützung der 
bestehenden Staaten gegen ungesetzliche Unternehmungen. Zu- 
nächst die Leichligkeit der Flucht nach vollzogener oder ge- 
scheiterler Verletzung. Zweitens die Unmöglichkeit, einem poli- 
tischen Flüchtling in solchem beschränkten Raume einen unschädlich 
machenden, etwa von der Gränze oder von den grossen Ver- 
kehrswegen entfernten, Aufenthaltsort anzuweisen. — Letzterer 
Umstand fällt aber um so mehr ins Gewicht, als die Unregel- 
mässigkeit der Gränzen und die selbst theilweise vorhandene 
Zerrissenheit der Gebiete dazu kommt. Diese erschwert eben 
so sehr Vorsichtsmaassregeln, als sie Wiederholungen der Vor- 
bereitungen und Angriffe erleichtert. Dass namentlich die klei- 
neren deutschen Staaten durch diese Verhältnisse in Schwierig- 
keiten verwickelt sind, welche in grösseren Staaten gar nicht 
bestehen, lässt sich nicht verkennen. — Was aber schliesslich 
die gemeinschaflliche staatliche Stellung der Bundesstaaten be- 
trifft, so ist allerdings in Betrachtung zu ziehen, und ist durch 
Erfahrung vielfach nachgewiesen, dass bedeutendere Unruhen in 
einem Lande die Ordnung auch in anderen schnell und bedenk- 
lich gefährden können. In welchen letzten Ursachen ein solches 
Gemeingefühl begründet ist, thut hier, wo es sich nicht von 
Wünschen nach Umgestaltung der deutschen Zustände, sondern 
von den Maassregeln zur Vertheidigung der bestehenden handelt, 
nichts zur Sache; es genügt die Anerkennung einer eigenthüm- 
lichen Gefahr. 
Unter diesen Umständen mögen denn allerdings Sicherungs- 
maassregeln, welcher ausgedehntere und selbstständigere Staaten 
nicht bedürfen, ergriffen werden. Und dass eine grössere Wahr- 
scheinlichkeit der Bestrafung ein Sicherungsmittel ist, kann auch
	        
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