vom Asyle. 599
nicht bestritten werden. Als eine ganz grundlose und verkehrte
Härte ist also diese Ausdehnung der Auslieferungen an sich
nicht zu erklären. Allerdings können dieselben auch unter
den deutschen Staaten missbraucht werden und zur Vollbringung
gehässiger Rachehandlungen und offenbarer Ungerechtigkeiten
dienen; und es ist somit sehr wünschenswerth, dass in denjenigen
Fällen, in welchen etwa Uebelthaten zu befürchten stehen, besser
gesinnte Regierungen nicht nur durch geeignete Vorstellungen
Einhalt thun, sondern namentlich auch der ungefährdeien Ent-
fernung unschuldiger Flüchtiger nichts in den Weg legen: allein,
wenn schliesslich ein Bedauern auf der Maassregel liegen bleibt,
so ist er mehr verschuldet durch die ganze Gestaltung der deut-
schen Dinge, als durch diese besondere, in der That nicht will-
kührlich hervorgerufene, Folge derselben. Es wäre somit auch
ungerecht, aus dieser Abweichung von dem miltlern Systeme
auf eine tiefer stehende sittliche und menschliche Bildung Deutsch-
lands und in Sonderheit seiner Regierungen zu schliessen. Noth-
wehr schliesst in allen Verhältnissen feinere Rücksichten aus.
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Doch, es ist mehr als Zeit, die über Absicht und Gebühr
hinausgewachsene Abhandlung zu Ende zu bringen. Es sei aber
gestattet, dieses zu thun durch eine Hindeutung auf das Mittel,
welches eine bessere Ordnung des wichtigen Gegenstandes her-
beizuführen geeignet erscheint.
Wie immer die Ansicht des Einzelnen über die theoretisch.
beste Lösung der Asyl- und Flüchtlingsfrage und dessen,‘ was
daran hängt, oder über die Handbarkeit der Sache im Leben
beschaffen sein mag; darüber kann nur Eine Stimme sein, dass
die jetzige Meinungsverschiedenheit der Regierungen, so wie die
grosse Anzahl der verschiedenarligsten Gesetze, Verträge und
Gewohnheitsrechte ein grosser Uebelstand ist. Denn Meinungs-
verschiedenheit über Recht und Pflicht der Staaten hinsichtlich
der internationalen Rechtspflege führt erfahrungsgemäss zu be-
ständigen und zum Theile höchst bitteren Streitigkeiten. Die Ver-
weigerung einer Hülfe wird von dem Anfordernden als Begünsti-
gung seiner Feinde, vielleicht als unverantwortliche Genossenschaft
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 4s Heft. 39