Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

600 Völkerrechtliche Lehre 
mit Verbrechern betrachtet; während der Angeforderte sich be- 
leidigt findet durch eine Zumuthung, welche ihm eine Barbarei 
und deren Erfüllung ihm Feigheit erscheint. Die Klagen über 
Belästigungen und Gefährdungen durch die jenseits beherbergten 
Flüchtlinge reissen nicht ab; und schon in mehr als Einem Falle 
ist die Erbitterung fast bis zur Kriegserklärung gestiegen, hat 
wiederholt sehr herbe Gegenmaassregeln als Retorsion hervorge- 
rufen. Und da sich die politische Leidenschaft bis zu Mordan- 
fällen gesteigert hat, so hat auch das, an sich gewiss sehr 
gerechte, Verlangen nach Beseitigung der Gefahr die Färbung 
der persönlichen Beleidigung erhalten. Durch alles Dieses aber 
ist ein hässlicher Misston in grosse Völkerverhältnisse gekommen 
und ein neuer Zündstoff den ohnedem nur allzu zahlreichen, 
früheren Streitgründen zugefügt. Und je weniger eine schnelle 
Beruhigung der staatlichen Bewegungen und Versuche zu er- 
warten, während die Schnelligkeit und Leichtigkeit der Verbin- 
dungen unter Ländern, ja Welitheilen, ins Fabelhafte wächst: 
desto sicherer wird das Uebel fortdauern und selbst zunehmen. 
Die grosse Menge und Verschiedenheit der positiven Rechtsquellen 
aber ist eine Qual nicht nur für die Uebersicht und Beherrschung 
des Gegenstandes, sondern noch weit mehr für die Amtsthätig- 
keit der Behörden aller Art. Es streift doch fast an das Lächer- 
liche, wenn über diese einzige Frage ganze Sammlungen von 
Verträgen von Einem Staate abgeschlossen und angewendet wer- 
den, unter sich voll unmerklicher, spitzfindiger Unterschiede und 
abweichender kleiner Bestimmungen. 
Nun ist aber wohl unbestreitbar, dass die ganze Frage unter 
Staaten wesentlich gleicher Gesittigung auf eine gleichmässige 
Weise bestimmt werden könnte. Es ist ja — vielleicht mit ein- 
zelnen, genau zu bezeichnenden Ausnahmen — dieselbe keine 
Frage der Zeit, des Ortes, der Regierungsform; sondern eine 
ganz allgemeine, menschliche. Eine einzige, keineswegs ausge- 
dehnte Vereinbarung könnte freundliche Gesinnung unter den 
Regierungen und Staaten und eine grosse Vereinfachung der 
Geschäfte herbeiführen; und nichts wäre an sich möglicher, als 
durch einen Congress eine solche Uebereinkunft zu Wege 
zu bringen,
	        
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