vom Asyle. 601
Im Wege stehen nur zwei Hindernisse. Einmal, die bis-
herige ungenügende wissenschaftliche Bearbeitung der Sache,
wodurch die Gewinnung einer gleichförmigen theoretischen Auf-
fassung, die Annahme eines von Allen anerkannlen Ausgangs-
punktes verhindert ist. Zweitens, die bis zum Fanatismus in
einzelnen Ländern gesteigerte volksthümliche Entschiedenheit für
eine bestimmte Ansicht, und leider nicht für die richlige; wodurch
denn den Regierungen eine freie Verfolgung ihrer eigenen bes-
sern Ansicht sehr erschwert wird, zumal in parlamentarischen
Staaten.
Beiden Hindernissen muss also entgegengearbeitet werden,
wenn eine Vereinbarung soll zu Stande kommen. Glücklicher-
weise gehen die Mittel gegen beide, wenigstens anfänglich, Hand
in Hand.
Das erste Erforderniss ist eine gründliche wissenschaflliche
Durcharbeitung der ganzen Lehre, deren schliessliches Ergebniss,
welches es nun auch sachlich sei, doch wohl, in so einfacher
Sache, eine Gewinnung grosser Uebereinstimmung sein wird.
Natürlich wird es auch hier, wie überall, an Querköpfen und
eigensinnigen Rechthabern nicht fehlen; allein wenn die grosse
Mehrzahl der gesunden praktischen Menschen sich für ein Ergeb-
niss wird entschieden haben, ist für die Benützung im Leben das
Nöthige erreicht. Diese wissenschaftliche Erörterung kann aber
ohne alle Hindernisse vor sich gehen. Möge doch — diese Auf-
forderung darf nochmals an das Herz gelegt werden — jeder Stimm-
befähigte sein Scherflein dazu beitragen |
Schon diese Verhandlungen aber, und noch mehr ein end-
liches allgemein anerkanntes Ergebniss derselben, würden viel
beitragen zur Aufklärung der öffentlichen Meinung. Dass es lang-
sam gienge, ist freilich mehr als wahrscheinlich. Es braucht
lange, ehe neu gewonnene Sälze durch die verschiedenen Gat-
tungen des Schriftenthums eine Umstimmung der Massen be-
wirken. Aber es ist keineswegs unmöglich. Namentlich wird
man hier wohl auf die, in anderen Beziehungen freilich unwün-
schenswerthen, fühlbaren Wirkungen der jetzigen Streitigkeiten
rechnen können. Auch Völker werden durch Schaden klug; und
die bei solchen Gelegenheiten nothwendig entstehenden vielfachen
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