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verbände für die Errichtung und Unterhaltung solcher Institute
nicht allgemein in‘ Anspruch genommen und schwer geregelt
werden, wenn. diese lediglich das Ergebniss einer freiwilligen
Uebereinkunft sind.
Diese Gründe und Thatsachen haben sowohl bei der Be-
handlung des Gegenstandes durch einzelne Männer, als bei der Be-
rathung der gesetzgebenden Körper wiederholt Anerkennung ge-
funden; auch sind von der Geselzgebung selbst bereits einige
entscheidende Schritte von dem Standpunkt aus dass der Staat
berechtigt sei, seine Bürger zur Herstellung solcher Anstalten und
zur Betheiligung daran zu verpflichten, geschehen !). Die weiteren
1) Durch den $. 169 der Gewerbeordnung vom 17ten Januar 1845 und
die $$. 56, 57, 58, 59 der Verordnung vom 7. Febr. 1849 betreffend die
Errichtung von Gewerberäthen u. s. w. ist den Gemeindebehörden die Be-
fugniss beigelegt, durch Ortsstatuten die Verpflichtung für Gesellen, Fabrik-
arbeiter und selbstständige Gewerbetreibende festzusetzen, zu den bestehenden
oder noch zu errichtenden Unterstützungskassen Beiträge zu leisten. In der
Sitzungsperiode des Winters 18°!/s2 stellte der Abgeordnete der 2ten Kammer
Wagner den Antrag, solche Unterstützungskassen für alle Arbeiterklassen,
insbesondere auch für die ländlichen Arbeiter zu errichten und die Zwangs-
pflicht zu Beiträgen dazu allgemein auszusprechen. Die Kommission, welche
diesen Antrag zu begutachten hatte, erkannte zwar den eingebrachten Ent-
wurf noch nicht für reif zur Ausführung, sprach sich jedoch dafür aus, duss
die Befugniss, alle Arbeiter zur Betheiligung an Unterstützungskassen zu
nöthigen, in Erweiterung der bestehenden Geseizgebung den Gemeinden
oder Kreisständen beigelegt werden müsse.
In den Kommissionen, welche die Verhältnisse des Sparkassenwesens
untersuchten (siehe Beilage II.) ist der Vorschlag angeregt, die Arbeiter auch
zu Einlagen in die Sparkassen anzuhalten, und wurde angeführt, dass dies
mindestens in einzelnen Fällen von der Gemeinde oder der Behörde, welche
den Arbeitern Beschäftigung und einen ausreichenden Lohn gewährt, mit
sehr wohlthätigem Erfolge geschehen sei.
Einen interessanten Beitrag zur Beantwortung dieser Frage liefert die
Abhandlung von M. v. Prittwitz: „die Schanzer in Ulm“, Ulm 1850. Der
Verfasser, welcher den Bau der Festung in den Jahren 1848 und 49 leitete
und dabei mehrere tausend Arbeiter beschäftigte, berichtet, wie es ihm auch
in jenen bewegten Zeiten gelang, die Arbeiter zu Beiträgen an die Kranken-
kasse und zu Ersparnissen anzuhalten, und welchen wohlthätigen Einfluss
diese Maassregel auf die Haltung und Gesinnung der Arbeiter, sowie auch
auf ihre äussere Lage und ihr späteres Fortkommen übte. Obwohl der
Verfasser im Uebrigen zu den entschiedensten Anhängern der Handels- und