über Armenpflege und Heimathsrecht. 11
Mit Rücksicht auf diese der Gemeinde ertheilte Befugniss
wird der Staat dann ebensowohl berechtigt als verpflichtet sein,
dieselbe mit Ernst und Nachdruck zur Unterstützung der Kranken
anzuhalten; er wird selbst — im Falle die Gemeinde in Ver-
kennung ihres wahren Interesses wie ihres Berufes es dauernd ver-
nachlässigen sollte, die Errichtung einer Krankenkasse herbeizuführen
— die Gemeinde verpflichten können, aus eigenen Mitteln die Ver-
bindlichkeiten derselben zu erfüllen, das heisst erkrankten Arbeitern
eine bestimmte Unterstützung zu gewähren, auch wenn sie
noch nicht von allen eigenen Hilfsmitteln entblösst sind.
Wo eine Krankenkasse besteht, ist der Gemeinde das Recht
der oberen Aufsicht über deren Verwaltung einzuräumen. Sie
wird die Angemessenheit des Verhältnisses zwischen Beilrag und
zu beanspruchender Unterstützung zu prüfen und nöthigenfalls
zu regeln, die Ordnung und Treue der Kassenverwaltung zu über-
wachen haben. Diesem Recht steht die Verpflichtung gegenüber,
dem einzelnen Beitragenden seine Ansprüche zu gewährleisten.
Da die Gemeinde den Arbeiter verpflichtet, seinen Beitrag zu
zahlen, und die Höhe desselben nach den Anleitungen der Erfahrung
regelt, und da sie befugt ist, auch die Lohnherren zur Unterhaltung
der Kasse mit heranzuziehen, muss sie die Verantwortlichkeit für
eine ungenügende Benutzung dieser Befugnisse milübernehmen.
Die Ansprüche der Erkrankten an die Unterstützungskasse
würden nach den früher entwickelten Ansichten, und nach dem
Vorgange der gegenwärtig bereits bestehenden Anstalten dieser
Art nur begrenzte sein, und verloren gehen, wenn der
Betreffende die Beiträge längere Zeit nicht gezahlt, oder die
Krankheit durch Unsittlichkeit sich zugezogen hat u. s. w. Die
Gemeinde würde daher statt der jetzt ihr auferlegten unbe-
grenzten Pflicht der Armenpflege nur eine beschränkte
Verbindlichkeit übernehmen, und wirkliche Zuschüsse nur zu leisten
haben, wenn durch ihre eigene Schuld oder ihren freien Willen
das Verhällniss zwischen Beitrag und Unterstützung ungenügend
bemessen war. Dem Arbeiter wäre dagegen eine rechtzeitige,
seine Selbstständigkeit nicht beeinträchtigende, sondern vielmehr
dieselbe wahrende Hilfe gesichert.
Dasselbe Ziel ist bei der Einrichtung einer Pensions- oder