Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht. 11 
Mit Rücksicht auf diese der Gemeinde ertheilte Befugniss 
wird der Staat dann ebensowohl berechtigt als verpflichtet sein, 
dieselbe mit Ernst und Nachdruck zur Unterstützung der Kranken 
anzuhalten; er wird selbst — im Falle die Gemeinde in Ver- 
kennung ihres wahren Interesses wie ihres Berufes es dauernd ver- 
nachlässigen sollte, die Errichtung einer Krankenkasse herbeizuführen 
— die Gemeinde verpflichten können, aus eigenen Mitteln die Ver- 
bindlichkeiten derselben zu erfüllen, das heisst erkrankten Arbeitern 
eine bestimmte Unterstützung zu gewähren, auch wenn sie 
noch nicht von allen eigenen Hilfsmitteln entblösst sind. 
Wo eine Krankenkasse besteht, ist der Gemeinde das Recht 
der oberen Aufsicht über deren Verwaltung einzuräumen. Sie 
wird die Angemessenheit des Verhältnisses zwischen Beilrag und 
zu beanspruchender Unterstützung zu prüfen und nöthigenfalls 
zu regeln, die Ordnung und Treue der Kassenverwaltung zu über- 
wachen haben. Diesem Recht steht die Verpflichtung gegenüber, 
dem einzelnen Beitragenden seine Ansprüche zu gewährleisten. 
Da die Gemeinde den Arbeiter verpflichtet, seinen Beitrag zu 
zahlen, und die Höhe desselben nach den Anleitungen der Erfahrung 
regelt, und da sie befugt ist, auch die Lohnherren zur Unterhaltung 
der Kasse mit heranzuziehen, muss sie die Verantwortlichkeit für 
eine ungenügende Benutzung dieser Befugnisse milübernehmen. 
Die Ansprüche der Erkrankten an die Unterstützungskasse 
würden nach den früher entwickelten Ansichten, und nach dem 
Vorgange der gegenwärtig bereits bestehenden Anstalten dieser 
Art nur begrenzte sein, und verloren gehen, wenn der 
Betreffende die Beiträge längere Zeit nicht gezahlt, oder die 
Krankheit durch Unsittlichkeit sich zugezogen hat u. s. w. Die 
Gemeinde würde daher statt der jetzt ihr auferlegten unbe- 
grenzten Pflicht der Armenpflege nur eine beschränkte 
Verbindlichkeit übernehmen, und wirkliche Zuschüsse nur zu leisten 
haben, wenn durch ihre eigene Schuld oder ihren freien Willen 
das Verhällniss zwischen Beitrag und Unterstützung ungenügend 
bemessen war. Dem Arbeiter wäre dagegen eine rechtzeitige, 
seine Selbstständigkeit nicht beeinträchtigende, sondern vielmehr 
dieselbe wahrende Hilfe gesichert. 
Dasselbe Ziel ist bei der Einrichtung einer Pensions- oder
	        
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