Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 26. Provinzialbehörden. 99 
Uusbildung in der Steuerverwaltung (Ges. vom 11. März 1879 GS. 
S. 160). Die unmittelbare Erhebung und Kontrolle der indirekten 
Steuern liegt den Zoll= und Steuerämtern ob. 
Der Provinzialbehördenverfassung sind nicht eingegliedert die Oberberg- 
ämter und die Eisenbahndirektionen. 
II. Der Provinzialrat (LVG. 8§#§ 4 und 10 ff). Der Provinzial= 
rat besteht aus dem Oberpräsidenten, bezw. dessen Stellvertreter als 
Vorsitzenden, aus einem von dem Minister des Innern auf die Dauer 
seines Hauptamtes am Sitze des Oberpräsidenten ernannten höheren 
Verwaltungsbeamten bezw. dessen Stellvertreter und aus fünf Mit- 
gliedern, welche ebenso wie ihre Stellvertreter vom Provinzialaus- 
schusse aus der Zahl der zum Provinziallandtage wählbaren Provinzial- 
angehörigen (für die Wählbarkeit ist somit Wohnsitz in einem Kreise 
der Provinz unerläßliche Voraussetzung) auf sechs Jahre oder die durch 
das Provinzialstatut etwa anderweitig bestimmte Periode gewählt werden. 
Der Oberpräsident, die Regierungspräsidenten, die Vorsteher Königlicher 
Polizeibehörden, die Landräte und die Beamten des Provinzialverbandes 
find von der Wählbarkeit ausgeschlossen. Jede Wahl verliert ihre 
Wirkung mit dem Aufhören einer der für die Wählbarkeit vorgeschriebenen 
Bedingungen. Ob dieser Fall eingetreten ist, darüber hat der Provinzial- 
ausschuß zu befinden, gegen dessen Beschluß sowohl dem davon Be- 
troffenen als dem Vorsitzenden des Provinzialrats die binnen zwei 
Wochen anzustellende Klage beim Oberverwaltungsgericht zusteht. Bis 
zur Entscheidung des letzteren dürfen Ersatzwahlen nicht stattfinden. 
Im übrigen hat die Klage keine aufschiedende Wirkung. Alle drei 
Jahre finden Ergänzungswahlen statt. Die ausscheidenden Mitglieder 
und Stellvertreter sind wieder wählbar und bleiben jedenfalls bis zur 
Einführung der Neugewählten in Tätigkeit. Die Einführung erfolgt 
durch den Oberpräsidenten, welchem auch die Vereidigung der gewählten 
Mitglieder und Stellvertreter obliegt. Wenn gewählte Mitglieder oder 
stellvertretende Mitglieder des Provinzialrats die Pflichten verletzen, 
welche ihnen ihr Amt auferlegt oder sich durch ihr Verhalten in oder 
außer Amte der Achtung, des Ansehens oder des Vertrauens unwürdig 
zeigen, die ihr Beruf erfordert, so können sie im Wege des Disziplinar= 
verfahrens ihrer Stellen enthoben werden. Die Einleitung des Ver- 
fahrens, die Ernennung des Untersuchungskommissars und des Ver- 
treters der Staatsanwaltschaft erfolgt durch den Minister des Innern. 
Disziplinargericht ist das Plenum des Oberverwaltungsgerichtes. 
Der Provinzialrat ist beschlußfähig, wenn mit Einschluß des Vor- 
fitzenden fünf Mitglieder anwesend sind. Die Beschlüsse werden nach 
Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme 
des Vorsitzenden den Ausschlag. — Bei beabsichtigter längerer Ent- 
fernung von ihrem Wohnorte haben die gewählten Mitglieder und 
stellvertretenden Mitglieder dem Vorsitzenden sofort Anzeige zu machen, 
welcher die erforderliche Stellvertretung nach Maßgabe der bei der 
Wahl, eventuell durch Beschluß des Provinzialrats oder durch das 
Los bestimmten Reihenfolge ordnet. Das Nähere über den Geschäfts- 
gang und das Verfahren bei den Provinzialräten enthält das auf 
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