Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 52. Das Budgetrecht und die Rechnungskontrolle. 179 
die allgemeine Finanzverwaltung und die Dotationen (Zuschuß zur 
Kronfideikommißrente, Staatsschulden, Landtagskosten), endlich die 
Staatsverwaltung. — Jeder dieser Teile zerfällt nach den Ministerien 
oder selbständigen Verwaltungen in Hauptvoranschläge, diese für die 
einzelnen Verwaltungen in Einzelvoranschläge und letztere nach den 
einzelnen Gegenständen in Kapitel und Titel. 
Durch das Budgetrecht ist dem Landtag ein mächtiger Anteil an der 
ganzen Staatsverwaltung eingeräumt. Der Landtag hat die Befugnis, 
nicht bloß die Erhöhung bestehender oder die Einführung neuer Steuern 
abzulehnen, sondern hat auch die auf Gesetz beruhende Ausgabe zu be- 
willigen, eventuell zu verweigern. Dieses Recht des Landtags ist aller- 
dings nach preußischem Staatsrecht insoweit eingeschränkt, als er nicht 
befugt ist, bestehende Steuern und Abgaben zu verweigern und zu 
streichen. Daher hat er zwar ein Ausgabebewilligungs= bezw. -ver- 
weigerungsrecht, nicht aber in Ansehung der bestehenden Abgaben ein 
Steuerverweigerungsrecht. Die bestehenden Abgaben und Steuern sind 
daher unter allen Umständen fortzuerheben, da der Landtag die be- 
stehenden Steuergesetze nicht von neuem zu bewilligen hat. Im übrigen 
wird man bezüglich der Mitwirkung des Landtages die einzelnen Ein- 
kommensquellen des Staates auseinanderhalten müssen. 
Bezüglich der Einnahmen aus dem Staatsvermögen (Domänen, 
Forsten, Eisenbahnen u. dergl. m.) ist kein Streit, daß die Erhebung 
dieser Einnahmen von der Bewilligung des Landtages nicht abhängig 
gemacht ist. 
Hinsichtlich der Steuern bestimmt Art. 109 Vl., daß die einmal 
bestehenden Steuern und Abgaben forterhoben werden, mithin einer 
jährlichen Bewilligung durch den Landtag nicht bedürfen. 
Nach vorstehendem ergibt sich, daß in Preußen für den Landtag ein 
Einnahmebewilligungsrecht nicht besteht. Überschreitungen der etats- 
mäßigen Einnahmen werden dem Landtage nur zur Kenntnis, nicht 
zur Genehmigung mitgeteilt. Dagegen ist dem Landtage das Ausgabe- 
bewilligungsrecht mit der Maßgabe eingeräumt, daß selbst die gesetz- 
lich vorgeschriebenen oder notwendigen Ausgaben der vorgängigen oder 
nachträglichen Genehmigung des Landtages bedürfen. Letzterer ist aber 
verpflichtet, solche Ausgaben zu bewilligen. Die Ausgaben sollen da- 
mit als gesetzliche und notwendige anerkannt werden. Während in vor- 
stehenden Fällen eine gesetzliche Verpflichtung des Landtages zur 
Bewilligung verliegt, ist nur eine moralische Verpflichtung des Land- 
tags anzuerkennen, wenn es sich um Bewilligung einer weiteren Rate 
einer bereits im Prinzip bewilligten Ausgabe handelt. 
Sind außeretatsmäßige Ausgaben geleistet, selbst wenn diese auf 
Gesetz beruhen, so ist die Staatsregierung dem Landtage hierfür ver- 
antwortlich und bedarf der nachträglichen Genehmigung (Indemnität), 
selbst wenn die Ausgabe eine notwendige war, also die Bewilligung 
seitens des Landtages nicht verweigert werden darf. Würde der 
Landtag die Bewilligung derartiger Ausgaben verweigern, so würde 
trotzdem der gegen den Staat erwachsene Anspruch dritter in seiner 
Geltendmachung, Fälligkeit, Klagbarkeit nicht berührt werden. Die 
12. 
 
	        
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