Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

g 69. Kriminal-(Straf-)polizei. Gerichtliche Polizei. 259 
zu erforschen und alle keinen Aufschub zulassende Anordnungen zu 
treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Sie können 
daher auch zur Sistirung der bei einer Sraaftat gegenwärtig gewesenen 
Personen schreiten (RG. Urt. vom 19. März 1886 Entsch. Bd. 8 
S. 204). Ferner sind die Polizeibehörden befugt zu Beschlagnahmen 
nach Maßgabe des § 98 St PO., zu Durchsuchungen gemäß § 105 
St PO., vorläufiger Festnahme, Erlaß eines Steckbriefs (§ 131 St PO.), 
zum Festhalten von Personen, welche die amtliche Tätigkeit stören 
(5 162 St PO.). " 
Bezüglich der polizeilichen Strafverfügungen ist im § 453 
St PO. die reichsrechtliche Bestimmung getroffen, daß, wo nach den 
Bestimmungen der Landesgesetze die Polizeibehörden befugt sind, eine 
in den Strafgesetzen angedrohte Strafe durch Verfügung festzusetzen, 
diese Befugnis sich nur auf Übertretungen erstreckt. Auch kann die 
Polizeibehörde keine andere Strafe als Haft bis zu 14 Tagen oder 
Geldstrafe und diejenige Haft, welche für den Fall, daß die Geldstrafe 
nicht beigetrieben werden kann, an die Stelle der letzteren tritt, sowie 
eine etwa verwirkte Einziehung verhängen. Die Strafverfügung muß 
außer der Festsetzung der Strafe die strafbare Handlung, das ange- 
wendete Strafgesetz und die Beweismittel bezeichnen, auch die Eröffnung 
enthalten, daß der Beschuldigte, sofern er nicht eine nach den Gesetzen 
zugelassene Beschwerde an die höhere Polizeibehörde ergreife, gegen 
die Strafverfügung binnen einer Woche nach der Bekanntmachung bei 
der Polizeibehörde, welche diese Verfügung erlassen hat, oder bei dem 
zuständigen Amtsgericht auf gerichtliche Entscheidung antragen könne 
(§ 453 St PO.). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann bei 
der Polizeibehörde schriftlich oder mündlich, bei dem Amtsgerichte 
schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers angebracht werden. 
Die Polizeibehörde übersendet, falls sie nicht die Strafverfügung 
zurücknimmt, die Akten an die zuständige Staatsanwaltschaft, welche 
sie dem Amtsrichter vorlegt (§ 454 St PO.). Ist der Antrag recht- 
zeitig angebracht, so findet die Hauptverhandlung vor dem Schöffen- 
gericht statt, wie in jeder anderen, vor das Schöffengericht gehörigen 
Strafsache. Bei der Urteilsfällung ist das Gericht an den Ausspruch der 
Polizeibehörde nicht gebunden (8 457 Abs. 3 St PO.). Stellt sich nach 
dem Ergebnisse der Hauptverhandlung die Tat des Angeklagten als eine 
solche dar, bei welcher die Polizeibehörde zum Erlaß einer Strafver- 
fügung nicht befugt war, so hat das Gericht die letztere durch Urteil 
aufzuheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (§ 458 St PO.). 
Behufs anderweitiger Verfolgung der Sache ist demnächst eine Anklage- 
schrift einzureichen und über die Eröffnung des Hauptverfahrens 
Beschluß zu fassen (RG. Urt. vom 29. Januar 1884, Rechtspr. 6, 60). 
Für Preußen ist das Recht der Polizeiverwaltung zum Erlaß 
polizeilicher Strafverfügungen wegen Ubertretungen durch Gesetz vom 
23. April 1883 (GS. S. 65), welches an die Stelle des Ges. vom 
14. Mai 1852 getreten ist, geregelt. Danach kann die Polizeibehörde 
in ihrem bestimmten Bezirke wegen der in diesem Bezirk verübten, in 
ihren Verwaltungsbereich fallenden Übertretungen die Strafe durch 
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