Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

260 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
Verfügungen festsetzen, sowie eine etwa verwirkte Einziehung verfügen. 
Die polizeiliche Strafverfügung ist auch gegen Beschuldigte im Alter 
von 12—18 Jahren zulässig. Wird Geldstrafe festgesetzt, so ist zugleich 
die für den Fall des Unvermögens an die Stelle der Geldstrafe 
tretende Haft zu bestimmen. Die festzusetzende Strafe darf den 
Betrag von dreißig Mark, die Haft, auch wenn sie an die Stelle 
einer nicht beizutreibenden Geldstrafe tritt, die Dauer von drei Tagen 
nicht überschreiten. Erachtet der Polizeiverwalter eine höhere Strafe 
für gerechtfertigt, so muß die Verfolgung dem Amtsanwalte überlassen 
werden (§ 1). Die Festsetzung einer Strafe durch die Polizeibehörde 
findet nicht statt: 
à) bei Übertretungen, für deren Aburteilung die Rheinschiffahrts- 
gerichte, die Elbzollgerichte oder die Gewerbegerichte zuständig sind; 
b) bei Ubertretung der Vorschriften über die Erhebung öffentlicher 
Abgaben und Gefälle; 
c) bei Übertretung bergpolizeilicher Vorschriften. 
Für Inhalt, Form, Antrag auf gerichtliche Entscheidung sind die 
strafprozessualen Vorschriften maßgebend, welche in das preußische 
Gesetz von 1883 mit aufgenommen sind. 
Bezüglich der Militärpersonen ist jetzt § 2 der Militärstrafgerichts- 
ordnung vom 1. Dezember 1898 (Rel. S. 1198) maßgebend. 
Danach bleibt den bürgerlichen Behörden die Untersuchung und Ent- 
scheidung wegen Zuwiderhandlungen gegen Finanz= und Polizei-, Jagd- 
und Fischereigesetze, sowie gegen Verordnungen dieses Inhalts überlassen, 
wenn die Handlung nur mit Geldstrafe und Einziehung oder mit einer 
dieser Strafen bedroht ist. Der Vollzug der an die Stelle der Geld- 
strafe tretenden Freiheitsstrafe ist mittels Ersuchens der Polizeibehörde 
zu bewirken. 
Besondere Funktionen werden der Polizei zugewiesen infolge der von 
den Gerichten bei gewissen Delikten im Urteil auszusprechenden Stellung 
unter Polizeiaussicht und Uberweisung an die Landespolizeibehörde, 
wodurch letztere das Recht erhält, die dazu Verurteilten bis zu zwei 
Jahren einem von dem Landarmenverbande zu unterhaltenden Arbeits- 
hause zu überweisen. 
Über die Stellung unter Polizeiaufsicht (StGBB. § 38, 
preußische Instruktion vom 12. April 1871 Verw. MBl. S. 113 
und Bundesratsbeschluß vom 16. Juni 1872. (Bek. vom 9. August 
1872, RZBl. S. 1967) ist im einzelnen noch hervorzuheben: 
Wenn in einem strafgerichtlichen Urteile neben der Freiheitsstrafe 
auf die Zulässigkeit von Polizeiaussicht erkannt worden ist, so erhält 
dadurch die höhere Landespolizeibehörde d. i. der Regierungspräsident 
die Befugnis, nach Anhörung der Gefängnisverwaltung den Ver- 
urteilten auf die Zeit von höchstens fünf Jahren unter Polizeiaufsicht 
zu stellen. Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die 
Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Bei vorläufig zur 
Entlassung gekommenen Verurteilten wird die Freiheitsstrafe erst mit 
dem Tage als beendet angesehen, an welchem die im Erkenntnisse 
festgesetzte Strafzeit abgelaufen ist. Die gerichtlich ausgesprochene
	        
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