Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

268 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
Zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung dient die allgemeine 
Strafvorschrift des § 360 Nr. 11 StGB., nach der mit Geldstrafe 
bis zu 150 M. oder mit Haft bestraft wird, wer ungebührlicher Weise 
ruhestörenden Lärm erregt oder groben Unfug verübt. Dem gleichen 
Zweck dient die Bestimmung, daß der, welcher die zur Erhaltung der 
Sicherheit, Bequemlichkeit, Reinlichkeit und Ruhe auf den öffentlichen 
Wegen, Straßen, Plätzen oder Wasserstraßen erlassenen Polizeiver- 
ordnungen (Bgl. die straßenpolizeilichen Vorschriften in den 88 366 
Nr. 2—5, 7—9, 367 Nr. 12 StG.) übertritt, mit Geldstrafe bis 
zu 60 M. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft wird. Hiernach 
ist die Ortspolizeibehörde wohl befugt, im Wege der Polizeiverordnung 
das auf öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen verkehrende Publikum 
vor Nachteilen und Belästigungen — nicht vor Gefahren — durch 
Verbreitung schädlicher Dünste oder starken Rauches oder 
durch Erregung ungewöhnlichen Geräusches sicher zu stellen (OVG. E. 
vom 21. Oktober 1889, PVBl. XI 19 und E. Bd. 18 S. 306). 
Zur Ordnungspolizei gehören auch Polizeiverordnungen, welche Gast- 
und Schankwirten sowie Getränkekleinhändlern verbieten, an notorische 
oder ihnen namentlich genannte Trunkenbolde, sowie an Personen, 
welche sich durch übermäßigen Branntweingenuß der Gefahr aussetzen, 
in den Zustand der Verarmung zu geraten und dadurch der Straf- 
bestimmung des §5 361 Nr. 5 StG#B. zu verfallen, weingeistige 
Getränke auf Kredit oder sonst überhaupt zu verabfolgen. Im Einklang 
damit steht auch die strafgesetzliche Bestimmung, wonach der, welcher 
in einer Schankstube oder an einem öffentlichen Vergnügungsorte über 
die gebotene Polizeistunde hinaus verweilt, ungeachtet der Wirt, sein 
Vertreter oder ein Polizeibeamter ihn zum Fortgehen aufgefordert hat, 
mit Geldstrafe bis zu 15 M. bestraft wird. Höherer Strafe verfällt der 
Wirt, welcher das Verweilen seiner Gäste über die gebotene Polizei- 
stunde hinaus duldet (§ 365 StGB.) Im Interesse der Ordnung 
und Sittlichkeit sind mit Gefängnisstrafe bedroht das gewerbsmäßige 
Glücksspiel und die Gestattung solcher an öffentlichen Versammlungs- 
orten mit Geldstrafe. Über das Spielen in staatlich konzessionierten 
oder Staatslotterien vgl. Bd. 1 dieses Werkes § 76 S. 202f. 
Behufs Wahrung der religiösen Ordnung werden unter Strafe gestellt 
die Gotteslästerung, die Beschimpfung der christlichen Kirchen und der 
mit Körperschaftsrechten versehenen Religionsgesellschaften, die Störung 
des Gottesdienstes, die Leichen= und Gräberschändung (St G. 8§ 166 bis 
168), Beschädigung von Gegenständen der Verehrung einer im Staate 
bestehenden Religionsgesellschaft (§ 304 GtGB.). Zwecks Wahrung 
der äußeren Heilighaltung der Sonn= und Festtage ist durch 
die KO. vom 7. Februar 1837 (GS. S. 19) bestimmt, daß die 
Regierungen die erforderlichen Anordnungen erlassen dürfen. Diese 
Befugnisse sind gemäß § 137 LVG. auf die Oberpräsidenten und 
Regierungspräsidenten übergegangen, welche nach ihrem Ermessen im 
Rahmen der §§ 15, 17 des Polizeiverwaltungsges. vom 11. März 
1850 GS. S. 265 das Erforderliche anzuordnen haben. 
Zur Förderung der Sittlichkeit werden staatlicherseits gewisse sittliche 
 
	        
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