Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

320 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
Söhnen nicht vorhanden sind, die ältere Tochter des Erblassers und 
deren Nachkommen. Unter den Nachkommen eines Kindes richtet sich 
die Berufung zum Anerben nach denselben Grundsätzen (§ 11). 
Kinder, welche zur Zeit des Todes des Erblassers entmündigt find, 
sowie Kinder, welche vor dem Tode des Erblassers eine rechtskräftige 
Verurteilung zu Zuchthausstrafe unter gleichzeitiger Aberkennung der 
bürgerlichen Ehrenrechte erlitten haben, stehen den übrigen Miterben 
nach (§ 12). Gehören zu den Erben Geschwister und deren Nach- 
kommen, so finden die §§ 11, 12 entsprechende Anwendung. Voll- 
bürtige Geschwister und deren Nachkommen gehen den halbbürtigen und 
deren Nachkommen vor (§ 13). 
Erwerb des Anerbengutes seitens des Anerben. 
Der Anerbe erwirbt das Eigentum des Anerbengutes nebst Zubehör 
mit dem Erwerbe der Erbschaft. Jedoch steht es ihm frei, ohne die 
Erbschaft auszuschlagen, auf sein Anerbenrecht zu verzichten. In solchem 
Falle geht dieses auf den nächsten Anerbenberechtigten mit der Wirkung 
über, als ob derselbe von vornherein der Anerbe gewesen wäre. Zur 
Eintragung des Anerben als Eigentümers im Grundbuche ist die Ein- 
willigung des Miterben erforderlich. Vor der Eintragung ist das An- 
erbengut der Zwangsvollstreckung durch die Gläubiger des Anerben nicht 
unterworfen. Dieselben sind aber berechtigt, an Stelle des Anerben 
dessen Eintragung als Eigentümer zu beantragen und die zum Zwecke 
derselben erforderlichen Urkunden von Gerichten und Notaren zu er- 
fordern. Die Übertragung des Anerbenrechts durch Verfügung unter 
Lebenden, insbesondere durch Erbschaftskauf, ist unzulässig (§ 14). 
Verzicht des Anerben auf sein Anerbenrecht. Dieser kann 
rechtswirksam nur gegenüber dem Nachlaßgerichte erklärt werden. Der 
Verzicht ist unwiderruflich. Auf Antrag eines Miterben hat das. 
Nachlaßgericht den Anerben unter Mitteilung des Antrages auf- 
zufordern, sich binnen einer bestimmten Frist zu erklären, ob er auf 
sein Anerbenrecht verzichtet. Gibt der Anerbe innerhalb der Frist 
keine Erklärung ab, so gilt er als verzichtend. Auf diese Folge 
ist der Anerbe in der gerichtlichen Aufforderung hinzuweisen. Bei 
unbekanntem Aufenthalt des Anerben oder bei einer Unausführbarkeit 
oder voraussichtlichen Erfolglosigkeit einer im Auslande zu bewirken- 
den Zustellung kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung 
erfolgen. Die Frist beträgt mindestens 2 Wochen seit der Auf- 
forderung und kann auf Antrag des Anerben aus erheblichen Gründen 
verlängert werden. Steht der Anerbe unter Vormundschaft oder 
Pflegschaft, so bedarf der Verzicht der Genehmigung des Vormund- 
schaftsgerichts (8 15). 
Auseinandersetzung wegen des Anerbengutes. Zubehör 
des Anerbengutes sind: Die mit dem Gute bezw. dessen Teilen ver- 
bundenen Gerechtigkeiten, die auf dem Gute vorhandenen Gebäude, 
Anlagen, Holzungen und Bäume und das Wirtschaftsinventar (Vieh, 
Acker= und Hausgerät einschl. des Leinenzeuges und Betten, der 
vorhandene Dünger, Vorräte an Früchten und sonstigen Erzeugnissen), 
soweit sie zur Bewirtschaftung bis zur nächsten Ernte dienen (8 16).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.