Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 82. Errichtung der Familienfideikommisse. 325 
8 82. Errichtung der Familienfideikommisse. 
1. Errichtungsfähigkeit, Voraussetzungen der Stiftung, 
Form, Inhalt. Ein Familienfideikommiß kann jeder errichten, der 
ein Testament machen kann (8§ 47, 48 II 4 AL R., ebenso gemeines 
Recht). In Bayern kann die Errichtung nur von Adligen stattfinden. 
Die im preußischen ALR. II 9 8 40 bestehende Vorschrift, nach welcher 
nur der Adel Familienfideikommisse aus adligen Gütern errichten 
konnte, ist mit dem Wegfall des Vorrechts des Adels in bezug auf 
den Erwerb adliger Güter durch das Edikt vom 9. Oktober 1807 
fortgefallen. 
Das Stiftungsgeschäft kann durch Vertrag, einseitige Verfügun 
unter Lebenden und letztwillige Anordnungen errichtet werden (§ 62 II, 
4 ALR. in Verbindung mit § 28 II 4). 
Außer der Errichtung muß der Stifter den Rechtsakt unter Lebenden 
(die Stiftungsurkunde) gerichtlich verlautbaren lassen und die Bestätigung 
herbeiführen. Bei Errichtung durch letztwillige Verfügung ist außer 
der Wahrung der Form für diese nach dem Tode des Stifters der 
Vorsteher der Familie, oder wer sonst vom Stifter dazu berufen ist, 
(§§ 62, 29, 30 II 4) verpflichtet, die Verlautbarung und Bestätigung 
herbeizuführen. Vor dieser Bestätigung besteht das Fideikommiß recht- 
lich nicht (19 §§ 511, 518; Striethorst, Arch. 45 S. 111). Nach dem 
Gesetz vom 5. März 1855, betr. die Kompetenz der Gerichtsbehörden 
in Familienfideikommißsachen (GS. S. 155), gehört Verlautbarung 
und Bestätigung vor das Fideikommißgericht, welches jetzt (preußisches 
AG. z. GG. vom 24. April 1878 §5 49 Nr. 1, 2) das Oberlandes- 
gericht des Bezirks ist, in welchem der Stifter des Familienfidei- 
kommisses seinen Wohnsitz hat. Dazu muß noch nach § 56 II 4 die 
landesherrliche Genehmigung eingeholt werden, wenn der Reinertrag 
aus Grundstück und Kapital oder aus einem von beiden allein den 
Betrag von 10000 Tlr. übersteigt. Die Genehmigung hat der 
Stifter oder die Familie nach der Verlautbarung und vor der Be- 
stätigung zu beschaffen, da ohne diese, sofern sie erforderlich ist, das 
Fideikommiß nicht besteht (Striethorst, Arch. 60 S. 20). Die Be- 
stätigung wird entweder vorbehaltlich der Genehmigung erteilt oder 
die Bestätigung bis zur Genehmigung vorbehalten, ersteres entspricht 
dem § 22 des Ges. vom 15. Februar 1840 (GS. S. 20). Einer 
Verlautbarung und Bestätigung bedarf es auch in den Fällen, in denen 
nach den Gesetzen über die Auflösung des Lehnsverbands die Um- 
wandlung in ein Familienfideikommiß erfolgt, wenn sich auch die Um- 
wandlung regelmäßig mit dem Erlöschen der Lehnsqualität vollzieht. 
(RG. Bd. 22 S. 347.) Von der Beschränkung des § 56 II 4 ist 
bei der Umwandlung der Lehen in Fideikommisse grundsätzlich abgesehen 
und die Summe des erforderlichen Reinertrages zum Teil anders fest- 
gesetzt (RG. Bd. 22 S. 347 und Bd. 31 S. 271). 
Voraussetzungen der Bestätigung sind Prüfung der Stiftungsurkunde 
bezüglich der oben erwähnten, wesentlichen Begriffsmerkmale und das 
Vorhandensein der Voraussetzungen hinsichtlich des Reinertrages, wobei
	        
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