Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 83. Rechte der Fideikommißbesitzer und der Anwärter. 329 
S. 137) hervorgehoben wird, soll der Zweck des Fideikommisses, 
Glanz und Ansehen der Familie zu erhalten, gerade dadurch erreicht 
werden, daß der Fideikommißbesitzer während seiner Besitzzeit die freie 
Verfügung über die Revenüen des Fideikommisses hat. Er kann 
vermieten, verpachten, zum Zwecke der Nutznießung, natürlich nur für 
die Dauer seines Rechts (§ 388 1 21; § 33 1 19 ALR.). Seine perfön- 
lichen Gläubiger können ihre Befriedigung aus den Revenüen suchen, 
wie beim Nießbraucher. 
Bezüglich der Krozeßlegitimation steht der Fideikommißbesitzer schon 
nach §§ 117 ff. II 4 ALR. wie der Eigentümer, nicht wie der Nieß- 
braucher (§8 82 ff. I 21 ALR.). Der Zuziehung der beiden Anwärter 
bedarf es nur, um das Judikat gegen die Familie wirksam zu machen 
(ogl. Striethorst, Arch. Bd. 2 S. 79 und Bd. 26 S. 75). 
2. Verpflichtungen des Fideikommißbesitzers. Von grund- 
legender Bedeutung für das Rechtsverhältnis des Fideikommißbesitzers 
zum Fideikommiß ist der Grundsatz, daß er grundsätzlich das Fidei- 
kommiß weder veräußern noch belasten darf. Uber die Revenüen kann 
er zwar für seine Besitzzeit verfügen. Grundsätzlich ist aber dieses 
Verfügungsrecht über seine Besitzzeit hinaus ausgeschlossen. Das 
Veräußerungsverbot bezüglich des Fideikommißobjektes, sei es ganz, sei 
es teilweise, rechtfertigt sich aus dem Zwecke der Errichtung des Fidei- 
kommisses (dauernder Familienbesitz). (88 2, 8 1 18; §§ 76 f. II 4 
Ad##.). Im Einklang damit stehen auch die Bestimmungen der §§ 126, 
127 II 4 ALR., nach welchen der Fideikommißbesitzer bei Geldfidei- 
kommissen das Kapital weder einziehen noch abtreten darf. Nach 
§8§ 1, 2 des Ges. vom 15. Februar 1840 und 8 77 II 4 ALgR. 
können grundsätzlich Substanzveräußerungen nur im Wege 
einstimmigen Familienschlusses, der der Bestätigung des 
Fideikommißrichters bedarf, erfolgen. Nur allein bei Aufnahme 
notwendiger Darlehen auf die Einkünfte des Fideikommisses ist nicht 
die Zuziehung aller, sondern nur zweier Anwärter erforderlich (§ 80 II 4 
und 88 16 ff. des Ges. vom 15. Februar 1840). Bei Geldfidei- 
kommiß ist dieselbe Erleichterung bei Einziehung, Abtretung, Wieder- 
anlegung vorgesehen. Um den Widerspruch des einen oder andern der 
Anwärter zu beseitigen, dient nach § 18 des Ges. vom 15. Februar 1840 
ein schiedsrichterliches Verfahren. In derselben Weise erleichtert ist 
die freiwillige Abtretung in Enteignungsfällen, bei den agrarischen 
Auseinandersetzungen, bei Um= oder Eintausch einzelner Gutsparzellen. 
Keine Veräußerung im Sinne der 88 76 ff. II 4 und des § 1 des 
Ges. vom 15. Februar 1840 ist die Abtretung mit oder ohne Entgelt 
des nutzbaren Eigentums schon bei Lebzeiten an den Fideikommiß- 
nachfolger, da das Fideikommißobjekt der Familie dadurch nicht ent- 
zogen wird. 
Bezüglich der Schulden gilt bei Familienfideikommissen folgendes: 
Man unterscheidet hierbei: Substanzschulden, Revenüenschulden 
und persönliche Schulden des jeweiligen Fideikommißbesitzers. 
Zu den Substanzschulden gehören diejenigen, 
a) welche der Stifter aus der Zeit vor der Stiftung aufgenommen hat,
	        
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