§ 99. Offentliche Flüsse. 363
an dem Flußbett. Infolgedessen haben sie auch kein ausschließliches
Recht auf Aneignung von Steinen im Fluß. (OTr. Bd. 42 S. 54
und RG. Bd. 4 S. 258.)
Begriffsfeststellung der öffentlichen Flüsse. Offent-
liche Flüsse sind nach römischer Anschauung die ständig fließenden
(Hiumina torrentia im Gegensatz zu den perennia), nach gemeinem
Recht die natürlichen schiffbaren und flößbaren Wasserstraßen. Nach
preußischem Rechte (§ 21, II, 14 und § 38, II, 15 AdLR.) sind
öffentliche Flüsse die von Natur schiffbaren. Damit soll lediglich die
natürliche Tauglichkeit des Flusses, dem Schiffahrtsverkehr zu dienen,
bezeichnet werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Schiffahrt auf dem
Flusse auch tatsächlich ausgeübt wird oder nicht. Bezüglich der Art
der Schiffahrt, durch deren mögliche Ausübung die Offentlichkeit
bedingt wird, kann hierbei nicht an das Befahren des Flusses mit
kleinen Kähnen und Nachen gedacht werden, sondern es kommt nur
diejenige Schiffahrt in Betracht, welche dem Verkehr, also dem Trans-
port von Sachen oder Personen, dient. Der Fluß muß als Wasser-
straße benutzt werden können. Ferner kann in dem Falle, wenn der
Fluß zwar regelmäßig die erforderliche Wassermenge führt, jedoch
natürliche Hindernisse, wie beispielsweise Felsen oder Stromschnellen,
der Schiffahrt in den Weg treten, von einer natürlichen Schiffahrt
nicht die Rede sein. Dagegen vermögen künstlich geschaffene Hinder-
nisse, wie Stauanlagen und Brücken, dem Flusse die vorhandene
Eigenschaft der natürlichen Schiffbarkeit nicht zu nehmen, noch weniger
kann dies von dem Mangel der Schiffahrtsanlagen, wie z. B. bei
dem Mangel eines Leinpfades gelten. Die Offentlichkeit eines Flusses
reicht nicht weiter als seine natürliche Schiffbarkeit, so daß der Charakter
des Flusses als öffentlicher aufhört, wenn er auf weite Strecken nicht
schiffbar wird. (OTr. Bd. 80 S. 136, Striethorst, Arch. Bd. 99
S. 151.) Die bloße Flößbarkeit genügt nicht, um den Fluß zum
öffentlichen zu machen. (OVG. E. Bd. 12 S. 249; Bd. 13 S. 64;
Bd. 18 S. 229 in v. Kamptz Bd. 3 S. 570, 571.) Die Eigenschaft
eines öffentlichen Flusses beschränkt sich nicht auf die Fahrstraße,
sondern umfaßt auch seitlich der Fahrstraße den ganzen Strom mit
allen organisch zusammenhängenden Windungen und Ausbuchtungen
(OTr. E. Bd. 80 S. 145, OVG. E. B-Bd. 11 S. 233 (2381 in
v. Kamptz Bd. 3 S. 570).
Den öffentlichen Flüssen sind gleichgestellt die schiffbaren Meeres-
arme, Buchten und Häfen (ALR. II 14 § 21).
Die Nutzungen der öffentlichen Ströme gehören zu den Regalien
des Staates (II 15 § 38 des preußischen A#.).
Trotzdem ist ein weitgehender Gemeingebrauch anerkannt. Nicht
nur die Schiffahrt selbst ist unter der Verpflichtung der Beobachtung
der strompolizeilichen Vorschriften jedermann freigegeben (II 15 § 47
AL#.) ausgenommen das Flößen, 1) sondern auch der Gebrauch des
1) Unverbundenes Holz auf schiffbaren Strömen zu flößen, ist ein Vorbehalt
des Staates und darf ohne Vorwissen desselben von Privatpersonen nicht unter-
nommen werden § 49, II 15 des preußischen ALek.