Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 100. Privatflüsse. § 101. Wassergenossenschaften. 371 
von Bewässerungsanlagen seitens der Uferbesitzer getroffen. 
An sich ist der Uferbesitzer im Interesse der Bodenkultur zur Einrichtung 
von Bewässerungsanlagen befugt, ohne einer polizeilichen Erlaubnis 
zu bedürfen. 
Wird durch die Ausführung der Bewässerungsanlage ein öffentliches 
Interesse gefährdet, wie das der Schiffahrt usw., oder den unterhalb 
liegenden Einwohnern der notwendige Bedarf an Wasser in einer 
Weise entzogen, daß daraus ein Notstand für ihre Wirtschaft zu 
besorgen wäre, so ist der Bezirksausschuß nach vollständiger unter 
Zuziehung der Beteiligten erfolgter Erörterung befugt, die Ableitung 
des Wassers in geeigneter Weise zu beschränken (§ 15 und § 73 Z.). 
Er kann jedoch die Vermittelung der Polizeibehörden in Anspruch 
nehmen, um Gewißheit über etwaige Widerspruchsrechte oder Ent- 
schädigungsansprüche bezüglich des zur Bewässerung zu verwendenden 
Wassers, bezüglich der zu bewässernden ihm zugehörigen Grundstücke, 
bezüglich desjenigen Teils, sowohl eigener als fremder Grundstücke, 
welcher zu den Wasserleitungen dienen soll, zu erlangen oder wenn er 
zur Ausführung neuer, oder zur Erhaltung bereits ausgeführter Be- 
wässerungen verlangt, daß ein anderer ihm ein Recht einräume, oder 
sich die Einschränkung eines Rechtes gefallen lasse, welches einen 
Widerspruch gegen die Anlage begründen würde (§ 19). Das weitere 
Verfahren für diesen Teil der polizeilichen Vermittelung ist noch näher 
geregelt in den §§ 24 ff. des Privatflußgesetzes. Die Frage, inwieweit 
der Unterlieger ein Widerspruchsrecht gegenüber künstlichen Zuleitungen 
von Stoffen und Flüssigkeiten seitens der oberhalb belegenen Grundbesitzer 
hat, regelt sich nach den allgemeinen Vorschriften im § 906 B#B., 
wonach die Ableitung von Abwasser in einen Fluß oder Bach insoweit 
verboten ist, als sie das Maß des Gemeinüblichen oder Erträglichen 
überschreitet. (RG. vom 15. Dezember 1900 in Gruchots Beitr. 45 
S. 1008; RG. vom 4. Juni 1904 in Gruchots Beitr. 48 S. 938.) 
Ein Widerspruchsrecht gegen Anlagen im Wasser seitens der Ufer- 
besitzer kommt den Besitzern der zur Zeit des Gesetzes bestehenden Mühlen 
und anderer Triebwerke zu, wenn dadurch ein auf speziellerem Rechts- 
titel beruhendes Recht zur ausschließlichen Benutzung des ganzen Wassers 
oder eines bestimmten Teiles desselben (/, ½⅛ usw.) beeinträchtigt, 
oder das zum Betriebe in dem bisherigen Umfange notwendige Wasser 
entzogen wird. Wer künftig ein Triebwerk anlegt oder erweitert, ohne 
ein ausdrücklich verliehenes Recht zu haben, ist zu einem Widerspruch 
nicht berechtigt (§ 16). Fischereiberechtigte haben nach ausdrücklicher 
Bestimmung des § 18 des Privatflußgesetzes fortan kein Widerspruchs- 
recht gegen Bewässerungsanlagen, sondern haben nur auf Ersatz des 
ihnen daraus entstehenden Schadens Anspruch. 
8 101. Wassergenosfsenschaften. 
Schon das Gesetz vom 28. Februar 1843 kannte Genossenschaften 
zur Bewässerung von Grundstücken an Privatflüssen. Derartige 
Genossenschasten für Entwässerungsanlagen führte das Gesetz 
vom 11. Mai 1853 (GS. S. 182) ein. Eine erhebliche Erweiterung 
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