Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

400 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
18903 (RGBl. S. 67, zu 8 62 Abs. 2 Nr. 2) und vom 12. Mai 
1904 (RGBl. S. 167, zu §§ 59, 61). 
Das Geltungsgebiet der Seemannsordnung erstreckt sich auf 
alle flaggberechtigten Kauffahrteischiffe, d. h. die Schiffe, welche im 
Sinne des HGB. zum Erwerbe durch die Seefahrt dienen (8 1). 
In den weiteren „einleitenden Bestimmungen“ wird zunächst der 
Begriff des Schiffers festgestellt, welcher dahin wiederge- 
geben wird, daß er der Führer des Schiffs ist, in Ermangelung 
oder Verhinderung desselben dessen Stellvertreter (§ 2). Der Begriff 
der „Schiffsmannschaft“ wird als bekannt vorausgesetzt, und es 
werden nur Zweifelsfragen entschieden. Im allgemeinen ist die 
Schiffsmannschaft der Inbegriff der zur Bedienung eines Schiffes auf 
diesem angestellten Personen. Das Gesetz betont zweierlei, ein- 
mal, daß zur „Schiffsmannschaft“ auch die Schiffsoffiziere, diejenigen, 
welche ein Kommando auf dem Schiffe führen, gehören, und sodann 
daß Personen, welche ohne Zugehörigkeit zur Mannschaft als Maschinisten, 
Aufwärter, Köche oder in anderer Eigenschaft z. B. Arzte, Zahl- 
meister, Proviantmeister, diese im Offiziersrang stehend, ferner das 
Maschinenpersonal, dieselben Rechte und Pflichten haben, wie das 
Mannschaftspersonal, welches sich aus Matrosen im weiteren Sinne 
und speziell eigentlichen Vollmatrosen, Leichtmatrosen (Jung= und 
Halbmänner), Schiffsjungen (Kochsmaat und Kajütswächter) zusammen- 
setzt. Streitig ist die Frage, zu welcher Kategorie der Lotse gehört. 
Hat der Kapitän einen Lotsen angenommen, und hat er ihm das 
Kommando des Schiffes übergeben, so ist ein solcher in nautischer 
Beziehung dem Schiffsführer gleichzustellen und zwar nicht bloß in 
den Fällen, wo nach zahlreichen Hafenordnungen eine gesetzliche Pflicht 
des Schiffers besteht, dem Zwangslotsen das Kommando zu überlassen. 
(Vgl. Lewis, Seerecht Bd. 2 (2. Aufl.) S. 185 und die dort an- 
geführte Literatur und Judikatur.) Von der Rechtsstellung des Lotsen 
hängt die Beantwortung der wichtigen Frage ab, ob der Reeder für 
den durch ein Verschulden des Lotsen verursachten Schaden haftet. 
Diese Frage dürfte nach vorstehendem zugunsten des Reeders zu ver- 
neinen sein. 
Zwecks Organisation der Schiffsmannschaft bestehen besondere Be- 
hörden als Musterungsbehörden. Es sind dies die im § 4 des Ge- 
setzes erwähnten Seemannsemter, welche im Inlande besondere Behörden 
unter diesem Namen sind, wobei die diesen vorgesetzten Behörden 
Landesbehörden der Bundesstaaten sind, während die Oberaufsicht über 
die Geschäftsführung von Reichs wegen geführt wird. Im Auslande 
fungieren als Musterungsbehörden die Konsulate des Deutschen Reichs. 
In einem besonderen Abschnitt (§ 2) behandelt das Gesetz die See- 
fahrtsbücher und die Musterung. Die vom Seemannsamt aus- 
gefertigten Seefahrtsbücher sind Legitimationsurkunden, sie dienen dem 
Schiffsmann als Ausweis und Legitimation über seine persönlichen 
Verhältnisse und als Grundlage für die Musterungsverhandlungen 
(Motive S. 34). Der Eintritt in den Schiffsdienst ist von dem 
Besitze eines solchen Buchs abhängig; ebenso wird ein neues Seefahrts-
	        
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