Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

g 6. Die Staatsbürger. 23 
dieser Rechte im einzelnen bezw. Ablösung einiger derselben wurden mit 
den meisten Beteiligten Verhandlungen geführt, deren Ergebnis die 
Abschlüsse von Rezessen waren, in denen die Rechte des Standesherrn 
einzeln aufgeführt wurden und auch angegeben swurde, inwieweil 
wiederherzustellende Rechte durch Abfindungen aufgegeben worden waren. 
Dieser nicht ganz unzweifelhafte Rechtszustand wurde seitens des Land- 
tages sanktioniert durch das Ges. vom 15. März 1869 (GS. S. 490), 
betr. die Ordnung der Rechtsverhältnisse der mittelbaren deutschen 
Reichsfürsten und Grafen, in welchem zwar die vom Staate zu zahlen- 
den Entschädigungen bewilligt wurden, ferner aber bestimmt wurde, 
daß in Zukunft die Wiederherstellung der verletzten Rechte und Vor- 
züge nur noch durch die Gesetzgebung erfolgen dürfe. Derartige Ge- 
setze wurden am 25. Oktober 1878 (GS. S. 305 u. 311) erlassen. 
Im wesentlichen ist danach der frühere Zustand wiederhergestellt. 
Dieser Rechtszustand erstreckt sich aber nicht auf die Standesherren der 
von Preußen 1866 erworbenen Provinzen; für diese ist das bisher 
ihnen gegenüber in Geltung stehende Recht auch weiter anwendbar. 
Nach dem Einkommensteuergesetz v. 24. Juni 1891 (GS. S. 175) § 3 
find von der Einkommensteuer befreit außer den Mitgliedern des 
Königlichen Hauses und des hohenzollernschen Fürstenhauses die Mit- 
glieder des vormaligen hannoverschen, kurhessischen und nassauischen 
Fürstenhauses. Durch die Migquelsche Steuergesetzgebung ist das Recht 
auf Befreiung von ordentlichen Personalsteuern oder auf Bevorzugun 
der Reichsunmittelbaren vom 1. April 1893 ab (gegen Ensschäligung) 
aufgehoben (Ges. v. 18. Juli 1892 GS. S. 210). Die bestehenden 
gesetzlichen Bestimmungen, gemäß welcher Standesherren und deren 
Familien von Gemeindelasten und Naturaldiensten, sofern diese nicht 
auf den ihnen gehörigen Grundstücken lasten, befreit sind, bleiben auch 
nach dem Kommunalabgabengesetz unberührt (§8 40 u. 68 KAG). 
Für die fortdauernde Geltung der landesgesetzlichen Privilegien und 
Vorrechte ist nicht ohne Einfluß die Reichsgesetzgebung geblieben, da 
auf denjenigen Gebieten, wo eine reichsrechtliche Regelung erfolgte, bei 
Nichterwähnung der Standesvorrechte dieselben als aufgehoben gelten 
müssen. So sind bezüglich der Reichssteuern (Zölle, Tabaksteuer pp.) 
alle landesrechtlichen Privilegien mit Einschluß derjenigen des König- 
lichen Hauses aufgehoben. Befreit sind dagegen die Mitglieder 
des Königlichen Hauses von der Einquartierungslast im Frieden be- 
züglich der ihnen gehörigen Wohngebäude (Ges. v. 25. Juni 1868 
Bl. S. 523 F 4) und hinsichtlich der Vorspannleistungen bezüglich 
der für ihren Hofhalt bestimmten Pferde (Ges. v. 13. Februar 1875 
RGBl. S. 52 § 3). Befreiung von Porto= und Telegraphengebühren 
steht nach § 1 des Ges. v. 5. Juni 1869 (BEl. S. 141) u. Bek. 
v. 2. Juni 1877 (Röl. S. 524) nur noch den regierenden Fürsten 
des Deutschen Reichs, deren Gemahlinnen und Witwen zu. Bezüglich 
der Wehrpflicht tritt nach S 1 Ges. v. 9. November 1867 (BGBl. 
S. 131) Befreiung von dieser ein für alle Mitglieder der regierenden 
Häuser der Einzelstaaten des Reichs und der Mitglieder der mediati- 
sierten, vormals reichsständischen und derjenigen Häuser, welchen die 
 
	        
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