28 1. Buch. Verfassung des preußischen Staates.
christliche Religion bei denjenigen Einrichtungen des Staats, welche
mit der Religionsübung in Zusammenhang stehen, unbeschadet der
Religionsfreiheit zugrunde gelegt werden.
Das Recht öffentlicher Religionsübung schließt nicht das Recht in
sich, an öffentlichen Orten, sofern dies nicht hergebracht ist, Prozessionen,
Wallfahrten u. dergl. zu veranstalten, hierzu bedarf es obrigkeitlicher
Genehmigung (88§8 9, 10 des preußischen Vereinsges. vom 11. März
1850 GS. S. 277). Aus polizeilichen Gründen können bei der-
artigen Umzügen, selbst wenn sie hergebracht sind, zum Schutze anderer
Religionsgesellschaften Beschränkungen festgesetzt werden. Ebenso kann
die Polizei auf Grund des § 10 ALR. II, 12 Vorkehrungen wegen
lebensgefährdender Überfüllung des Gottesdienstes, wegen Feuersgefahr
diesbezügliche Anordnungen treffen. (OVG. E. Bd. 6 S. 371 und
Bd. 16 S. 387).
Die Religionsübung der christlichen Kirchen oder der anderen mit
Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebiets bestehenden Religions=
gesellschaften ist strafrechtlich geschützt durch die 88 166, 167 StGB.
Hinsichtlich des Schutzes des Gottesdienstes, dem § 167 dient, wird
der Gottesdienst einer jeden im Staate bestehenden Religionsgesellschaft
geschützt. Handelt es sich um den Gottesdienst einer nicht in diesem
Sinne bestehenden Religionsgesellschaft, so kommen nur die allgemeinen
Vorschriften über Nötigung und Hausfriedensbruch zur Anwendung.
(Val. Olshausen, Kommentar z. StGB. Bd. 1 Bem. 1 zu 8§ 167
(7. Aufl.) S. 625.)
Der Austritt aus der Kirche regelt sich nach dem Ges. vom
14. Mai 1873 (GS. S. 207). Danach erfolgt der Austritt aus
einer Kirche, in gleicher Weise aus den mit Korporationsrechten aus-
gestatteten Religionsgemeinschaften (§ 8), mit bürgerlicher Wirkung
durch Erklärung des Austretenden in Person vor dem Richter seines
Wohnortes (Amtsgericht). (§ 1) Der Aufnahme der Austrittserklärung
muß ein hierauf gerichteter Antrag vorausgehen. Derselbe ist durch
den Richter dem Vorstande der Kirchengemeinde, welcher der Antrag-
steller angehört, ohne Verzug bekannt zu machen. Die Aufnahme der
Austrittserklärung findet nicht vor Ablauf von 4 Wochen und spätestens
innerhalb 6 Wochen nach Eingang des Antrages zu gerichtlichem
Protokoll statt. Abschrift des Protokolls ist dem Vorstande der Kirchen-
gemeinde zuzustellen. Eine Bescheinigung des Austritts ist dem Aus-
getretenen auf Verlangen zu erteilen (§ 2). Die Wirkung der Aus-
trittserklärung besteht in der Befreiung von der auf der persönlichen
Kirchen= oder Kirchengemeindeangehörigkeit beruhenden Leistungspflicht
(jedoch nicht von Leistungen, die kraft besonderen Rechtstitels auf
bestimmten Grundstücken oder auf allen Grundstücken des Bezirks
haften), jedoch erst mit dem Schluß des auf die Austrittserklärung
folgenden Kalenderjahres (§ 53). Über den Austritt aus jüdischen
Synagogengemeinden und dessen rechtliche Folgen bestimmt besonders
Ges. vom 28. Juli 1876 (GS. S. 353). Nur in einzelnen Be-
ziehungen ist eine besondere Rücksichtnahme auf die Religion vorgesehen.
Nach § 1779 BG#B soll in Anlehnung an § 19 Abs. 2 der preußischen