Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

468 5. Buch, Die materielle Staatsverwaltung. 
umd für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig gestellten 
anderen Straße belegen ist, und die Bebauung in der Fluchtlinie der 
neuen Straße erfolgt. 
Die Entschädigung wird in allen Fällen wegen der zu Straßen und 
Plätzen bestimmten Grundfläche für Entziehung des Grundeigentums 
gewährt. Außerdem wird in denjenigen Fällen zu 6, in welchen es 
sich um eine Beschränkung des Grundeigentums infolge der Festsetzung 
einer von der Straßenfluchtlinie verschiedenen Baufluchtlinie handelt, 
für die Beschränkung des bebaut gewesenen Teiles des Grundeigen- 
tums (§ 12 des Enteignungsgesetzes) Entschädigung gewährt. In 
allen oben gedachten Fällen kann der Eigentümer die Übernahme des 
ganzen Grundstücks verlangen, wenn dasselbe durch die Fluchtlinie 
entweder ganz oder soweit in Anspruch genommen wird, daß das Rest- 
grundstück nach den baupolizeilichen Vorschriften des Orts nicht mehr 
zur Bebauung geeignet ist (§ 18). Bei Bemessung der Entschädigung 
für Grundeigentum, das gemäß § 13 Nr. 1 des Fluchtliniengesetzes 
als Straßenland in Anspruch genommen und enteignet wird, ist 
der Zeitpunkt der Enteignung maßgebend und, soweit es sich 
um die Eigenschaft des abgetretenen Grundstücks als Bauland handelt, 
die Frage zu stellen, ob dieses ohne Rücksicht auf Fluchtlinien- 
festsetzung und die infolgedessen eingetretene Baubeschränkung jene 
Eigenschaft zur Zeit der Enteignung gehabt haben würde. (Vgl. RG. 
Bd. 53. S. 133). 
Der Entschädigungsanspruch, für dessen Feststellung nach 
§ 14 des Fluchtliniengesetzes die §§ 24 ff. des Enteignungsgesetzes zur 
Anwendung kommen, kann nur im Wege des Enteignungsver- 
fahrens, nicht aber durch eine gewöhnliche Schadenersatzanspruchsklage 
geltend gemacht werden. Der Grundeigentümer kann aber im ordent- 
lichen Rechtswege verlangen, daß die Gemeinde verurteilt wird, das Ent- 
eignungsverfahren zu beantragen (RG. Urt. vom 10. Mai 1907 in der 
Zeitschr. „Das Recht“ XlI. Jahrg. Nr. 14 S. 914). Hervorzuheben 
ist noch, daß in der Verwendung der Parzelle zur öffentlichen 
Straße der Ausdruck des Verlangens der „Abtretung für den öffent- 
lichen Verkehr“ und diese Abtretung selbst zu finden ist (ogl. RG. 
Bd. 61 S. 327). Der Eigentümer, welchem durch die Einleitung des 
Enteignungsverfahrens schon vor Vollziehung der Enteignung die 
Nutzungen des abgetretenen Grundstücks entzogen oder geschmälert 
werden, hat Anspruch auf besondere Entschädigung. Dies ist 
namentlich auch für Verluste an Mieten anerkannt, welche dadurch 
entstehen, daß ein zur alsbaldigen Ausführung bestimmter Fluchtlinien= 
plan festgestellt und veröffentlicht wird. (Vgl. RG. Bd. 43 S. 356.) 
Dabei handelt es sich um einen selbständigen Anspruch, der in 
dem Ersatze des Wertes des enteigneten Grundstücks, auch in dem 
nach individuellem Maßstabe gemessenem Werte keine Deckung findet 
(RG. vom 18. Juni 1907 im Recht XI Nr. 14 S. 914). 
Streitigkeiten über Fälligkeit des Anspruchs auf Ent- 
schädigung gehören zur verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. 
Die Entschädigungen sind soweit nicht ein aus besonderen Rechtstiteln 
 
	        
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