§ 127. Entschädigungen. 487
die geminderte Benutzbarkeit nur bestimmte Teile des Restgrundstücks,
so beschränkt sich die Pflicht zur Mitübernahme auf diese Teile. Bei
Gebäuden, welche teilweise in Anspruch genommen werden, umfaßt
diese Pflicht jedenfalls das gesamte Gebäude, sowohl Bauwerke als
auch die Grundfläche, die von ihnen bedeckt wird (8 9).
Kein Ersatz wird für Neubauten, Anpflanzungen und dergl. gewährt,
die der Enteignete in Hinblick auf die bevorstehende Enteignung nur
in der Absicht vorgenommen hat, eine erhöhte Entschädigung zu erzielen.
Ebensowenig kommt eine Werterhöhung, welche das abzutretende Grund-
stück erst infolge der neuen Anlage erhält, bei der Bemessung der
Entschädigung in Anschlag (§ 10 Abs. 2).
Eine scwierize und außerordentlich bestrittene Frage ist die, ob
oder inwieweit bei der Teilenteignung die für das Restgrundstück aus
der neuen Anlage — zu deren Zwecken die Enteignung erfolgt ist —
erwachsenden Vorteile gegen die Enteignungsentschädigung aufgerechnet
werden dürfen. Es kommt dabei im weiteren in Frage, ob nur die
Vorteile, die besonders und allein dem Restgrundstück des von der
Enteignung betroffenen Grundeigentümers aus der neuen Anlage
zufließen, zur Aufrechnung zu stellen sind, oder auch die allgemeinen
Vorteile, die der Eigentümer des Restgrundstücks gleich allen benach-
barten Grundstücksbesitzern aus der neuen Anlage gewinnt, sowie ob
die Aufrechnung zu geschehen hat gegen die gesamte Entschädigung,
also auch gegen diejenige für den enteigneten Teil, oder nur gegen
die Wertminderung, die das Restgrundstück durch die neue Anlage
erleidet. Jede der im vorstehenden erörterten Möglichkeiten haben
ihre Vertreter gefunden. Das Reichsgericht zählt in seiner Entscheidung
Bd. 57 Nr. 57 S. 244 f. fünf Auffassungen auf, von denen die eine
(ältere Theorie) eine Aufrechnung mit Vorteilen schlechthin ausschließt,
während eine andere (Eger, in s. Kommentar) die Aufrechnung mit
allen Vorteilen zuläßt; eine dritte (Oertmann, Die Vorteilsausgleichung
1901 S. 166, 167) will nur die besonderen Vorteile zur Anrechnung
bringen, diese aber auf die ganze Entschädigung verteilen, eine vierte
(Schleicher, Rechtswirkungen der Enteignung 1883 S. 428 f. und
Kommentar z. sächs. Enteignungsges. S. 78 und 303) erklärt einen
Ausgleich nur statthaft gegenüber der Wertminderung des Restgrund-
stücks, insoweit aber nicht nur mit den besonderen, sordern auch mit
den allgemeinen Vorteilen, während eine Beschränkung der vorstehenden
Ansicht auf den Ausgleich mit den besonderen Vorteilen und nur
gegenüber dem Minderwert des Restgrundstücks eine fünfte Ansicht
(Grünhut, Enteignungsr. (1873] S. 125 ff.; Loebell, Kommentar z.
preuß. Enteignungsges. S. 71 ff.; Sieber, Das Recht der Expropriation
1889 S. 229 ff.) vertritt. Das Reichsgericht hat für das Gebiet
des preußischen Enteignungsgesetzes in ständiger Rechtsprechung an
dem Grundsatz festgehalten, daß eine Anrechnung der für das Restgrund-
stück erwachsenden Vorteile, welcher Art diese auch sein mögen, auf
die für den enteigneten Grundstücksteil zu gewährende Entschädigung
schlechthin unzulässig sei. Dem Begriff der Entschädigung, der an sich
ein so weit gespannter ist, daß er mit dem verschiedensten Inhalt