Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

538 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
die Regelung der streitigen Kirchen-, Pfarr= und Küstereibausachen, 
sowie die Vollstreckung der einstweiligen Entscheidungen in diesen 
Sachen, die Beitreibung kirchlicher Abgaben, die Mitwirkung bei der 
Veränderung bestehender, sowie bei der Bildung neuer Pfarrbezirke, 
bei der Besetzung kirchenregimentlicher Amter, wobei die Anstellung 
der Mitglieder der kirchenregimentlichen Behörden unter Gegenzeichnung 
des Ministers der geistlichen Angelegenheiten zu erfolgen hat. Die 
Staatsbehörde ist ferner berechtigt, von der kirchlichen Vermögens- 
verwaltung Einsicht zu nehmen, zu diesem Behufe die Etats und 
Rechnungen einzufordern, sowie außerordentliche Revisionen vorzunehmen 
und auf Abstellung der etwa gefundenen Gesetzwidrigkeiten durch An- 
wendung der gesetzlichen Zwangsmittel zu dringen. Weigert sich der Ge- 
meindekirchenrat oder eine Gemeindevertretung, gesetzliche Leistungen, 
welche aus dem kirchlichen Vermögen zu bestreiten find, oder den Pfarr- 
eingesessenen obliegen, auf den Etat zu bringen, festzusetzen oder zu 
genehmigen, so ist sowohl das Konsistorium als auch die Staatsbehörde 
(in Preußen der Regierungspräsident, für Berlin der Polizeipräfident) 
unter gegenseitigem Einvernehmen befugt, die Eintragung in den Etat 
zu bewirken und die weiter erforderlichen Anordnungen zu treffen 
(Art. 27 in Verbindung mit Art. 3 d. Verordn. vom 9. September 
1876). Bestreiten die Gemeindebehörden die Gesetzwidrigkeiten der 
beanstandeten Posten oder ihre Verpflichtung, der angeordneten Zwange- 
etatisierung Folge leisten zu müssen, so entscheidet auf Klage der Ge- 
meindeorgane im Verwaltungsstreitverfahren das Oberverwaltungsgericht. 
§ 149. Verfassung der katholischen Kirche. 
A. Die Kirchenämter im Gebiete der päpstlichen Prima= 
tialgewalt. Das Oberhaupt der gesamten katholischen Kirche Primas 
ecclesiae universitatis) ist der Papst, ihm steht die plena suprema 
ordinaria et immediata potestas iurisdictionis episcopalis, nicht 
bloß in Sachen des Glaubens und der Sitten, sondern auch für die gesamte 
Verfassung und Verwaltung der Kirche (quse ad disciplinam pertinet 
et originem ecclesiae) zu. Er vereinigt in sich und seinem Primat die 
oberste kirchliche Lehrautorität, er ist der oberste kirchliche Gesetzgeber, die 
oberste kirchliche Verwaltungsstelle und Aufsichtsinstanz. Der Papst ist 
ferner Patriarch des Abendlandes, Primas von Italien, Erzbischof der 
römischen Kirchenprovinz d. h. der 6 suburbikanischen Bistümer (Ostia, 
Portus, Albanum, Präneste, Tuskulum und Sabina), Bischof von Rom, 
Priester der Peterskirche in Rom. Seine frühere staatsrechtliche Stellun 
als Monarch des Kirchenstaats hat er mit dessen Einziehung verloren. Dur 
das Garantiegesetz vom 13. Mai 1871 räumte als Ersatz Italien dem Papste 
eineweitgehende Exemption vonitalienischen Hoheitsrechten ein, erist danach 
unverletzlich und wird als Souverän behandelt, ferner hat er freien Besitz des 
Vatikans und Laterans und eine Rente. Pänpstlicherseits ist das Garantie- 
gesetz nicht anerkannt und deshalb auch die Rente nie angenommen worden. 
Zur Ausübung seiner Primatialrechte (Primatus jurisdictionis) 
stehen dem Papste zur Seite: die Kardinäle, die römische Kurie 
und nach außen die Nuntien, Legaten und apostolischen Vikare. 
 
	        
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