648 Anhang.
bleibt in diesem Falle einstweilen, jedoch längstens drei Tage ausgesetzt. Sie er-
folgt mit der Eröffnung, daß im öffentlichen Interesse die Berufung eingelegt
worden sei. Ist die Verkündigung ohne diese Eröffnung erfolgt, so findet die Berufung
im öffentlichen Interesse nicht mehr statt.
Die Gründe der Berufung sind den Parteien zur schriftlichen Erklärung
innerhalb zwei Wochen mitzuteilen. Nach Ablauf der Frist sind die Verhandlungen
dem Bezirksausschusse bezw. dem Oberverwaltungsgericht einzureichen und die
Parteien hiervon zu benachrichtigen. Die Vertretung der aus Gründen des öffent-
lichen Interesses von dem Vorsitzenden des Kreisausschusses oder des Bezirks-
ausschusses eingelegten Berufung erfolgt vor dem Bezirksausschusse durch den von
dem Regierungspräsidenten, vor dem Oberverwaltungsgericht durch den von dem
Ressortminister zu bestellenden Kommissar (§ 84 L VG.).
Das Gericht, bei welchem die Berufung anzubringen ist, prüft, ob die Anmeldung
rechtzeitig erfolgt ist. Ist dies der Fall, so wird die Berufungsschrift mit
ihren Anlagen der Gegenpartei zur schriftlichen Gegenerklärung innerhalb einer be-
stimmten, von einer bis vier Wochen zu bemessenden Frist zugefertigt. Zur
Rechtfertigung der Berufung, sowie zur Gegenerklärung kann in nicht
schleunigen Sachen eine angemessene, der Regel nach nicht über zwei Wochen zu
erstreckende Nachfristn) gewährt werden (§ 86 Abs. 1—3 LVG). Die Gewährung
einer Nachfrist kann auch stillschweigend erfolgen, setzt aber einen dahingehenden
Antrag voraus, welcher innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist gestellt sein
muß (O. E. vom 4. November 1902 in PBl. 24 S. 211 in v. Kamptz Erg.
Bd. 2 S. 602).
Ist die Frist versäumt, so ist die Berufung ohne weiteres durch einen mit
Gründen versehenen Bescheid zurückzuweisen. Namens des Kreisausschusses steht
auch dem Vorsitzenden, namens des Bezirksausschusses dem Vorsitzenden im
Einverständnis mit den ernannten Mitgliedern der Erlaß eines solchen Be-
scheides zu. In demselben ist dem Berufungskläger zu eröffnen, daß ihm
innerhalb zwei Wochen vom Tage der Zustellung ab, die Beschwerde an das
Berufungsgericht zustehe, widrigenfalls es bei dem Bescheide verbleibe (§ 86
Abs. 4 2V.). Die Prüfung des Gerichts erster Instanz hat sich lediglich auf
die Prüfung der Frage, ob die gesetzliche Frist zur Anmeldung ddes Rechts-
mittels gewahrt ist, zu beschränken. Uber die Frage, ob das Rechtsmittel überhaupt
oder fristzeitig gerechtfertigt ist, hat das Berufungsgericht als Kollegium zu
entscheiden und zwar in Form des Bescheides, gegen den eine weitere Beschwerde
nicht statrfindet. Hat das Gericht erster Instanz zu Unrecht die Berufung für recht-
zeitig erachtet und das weitere Verfahren eingeleitet, so darf das Berufungsgericht
auch dann, wenn es jene Frist für nicht gewahrt erachtet, das Rechtsmittel nicht durch ein-
fache Verfügung zurückweisen, vielmehr muß dies entweder durch förmlichen Bescheid
gemäß §§ 67, 89 oder durch Urteil geschehen (Zirkularverf. des OVG. vom 15. April
1876 O#G. E. 1 S. 428 in v. Kamptz 4 S. 1371).
Wird mit einer Beschwerde über einen Bescheid, durch welchen das Rechtsmittel
als verspätet zurückgewiesen worden ist, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand verbunden, so muß zunächst über die Beschwerde entschieden werden
(Verf. des OG. vom 14. September 1891). «
Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen, selbst wenn die
) Über die Form, in der Nachfristen zur Rechtfertigung von Nachfristen zu er-
teilen sind, bestimmt die Zirkularverfügung des OG. vom 12. Februar 11878
folgendes: „In den zu unserer Entscheidung gelangenden streitigen Verwaltungs-
sachen ist mehrfach wahrgenommen, daß Nachfristen zur Rechtfertigung rechtzeitig
angemeldeter Rechtsmittel (§ 55 Abs. 3 und 65 des Ges. vom 3. Juli 1875) in
einer Form bewilligt worden sind, welche den Tag des Ablaufes der Nachfrist nicht
völlig klar und unzweifelhaft erkennen läßt. Im Interesse der Parteien muß dies
vermieden und den Verfügungen, durch welche eine Nachfrist gewährt wird, eine
solche Fassung gegeben werden, daß unzweideutig erhellt, ob die Nachfrist
vom Tage des Ablaufs der gesetzlichen Frist laufen soll oder
vom Tage der Behändigung der die Fristbewilligung aus-
sprechenden Verfügung ab. Wenn ein anderes nicht bestimmt ist, gilt
ersteres (OG. E. 12, 435, 26, 434 in v. Kamptz Bd. 4 S. 1974, 1275).